Nochmal: Brexit!

Am Dienstag stimmt das Unterhaus erneut über den Brexit-Plan von Theresa May ab, und je näher dieses Votum rückt, desto größer wird die Nervosität und damit auch die Kreativität. Denn niemand geht wirklich davon aus, dass der Deal der Premierministerin diesmal eine Mehrheit erhält. Deshalb will die Regierung gleich am Mittwoch über eine Initiative abstimmen lassen, mit der das Parlament einen Austritt ganz ohne Deal ausschließt. Und am Donnerstag wird über Vorschläge beraten, den Brexit zu verschieben.

Wie lang der Aufschub dauern könnte, weiß derzeit niemand. Und vor allem weiß niemand, wie in dieser Zeit das Hauptproblem zwischen London und Brüssel ausgeräumt werden soll – der Streit über den Backstop, also um die Forderung der EU, dass die Briten in der Zollunion verbleiben müssen, solange eine harte Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland nicht ausgeschlossen ist. Dieser Regelung hatte May in ihrem Deal zugestimmt, viele ihrer Abgeordneten lehnen sie aber ab. Das ist der Hauptgrund für das erwartbare Scheitern des Deals am Dienstag. Doch ohne eine Lösung in diesem Punkt wird es keinen Deal geben und damit wird ein riskanter No-Deal-Brexit immer wahrscheinlicher.

Im Fall eines harten Brexits, bei dem Zölle und nichttarifäre Hemmnisse auf Basis der Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) eingeführt werden, sagte die Regierung für den Nordosten Englands eine um 16% tiefere Entwicklung der Wirtschaftsleistung als beim Status quo voraus. Bei einem Freihandelsabkommen mit der EU beträgt die Einbusse noch 11%, und selbst bei einem Eintritt in den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sind es knapp 4% (nzz.ch).

Am zweitschlimmsten erwischt es die westlichen Midlands, dem englischen Nordwesten ergeht es nicht viel besser. Die geringsten Verluste müssten der Südwesten und London verkraften – aber gewinnen wird durch den Brexit niemand.

In der Londoner City werden die Folgen des Brexits zunehmend sichtbar. Rund 270 Finanzfirmen haben Teile ihres Geschäfts aus der britischen Hauptstadt in die EU verlagert oder planen einen Umzug.

Die Städte, die am meisten profitieren, sind Dublin, Luxemburg, Paris, Frankfurt und Amsterdam. (New Financial, Thinktank in London).

Was bisher in London konzentriert ist, verteilt sich künftig auf mehrere Standorte in der EU. Laut der New-Financial-Studie gehen 100 Firmen nach Dublin, 60 nach Luxemburg, 41 nach Paris, 40 nach Frankfurt und 32 nach Amsterdam. Viele Großbanken tauchen in den Zählen mehrfach auf, weil sie sich bei der Geschäftsverlagerung für mehrere Städte entschieden haben (handelsblatt.com). Die Anleger streuen das Risiko …

Die Ratingagentur Fitch drohte Großbritannien schon im Fall eines ungeordneten Austritts aus der EU mit einer Abstufung seiner Kreditwürdigkeit. Die Experten setzten deshalb das Rating für Großbritannien auf „Watch Negativ“. Dennoch weicht die britische Regierung in Brüssel keinen Millimeter von ihrer Linie ab (manager-magazin.de am 21.02.2019).

Das Unterhaus wird morgen erneut über den Brexit-Vertrag abstimmen. Da es aber aktuell keine Änderungen an dem Vertragswerk gibt, wird erwartet, dass sie bei dieser Abstimmung ebenso scheitern wird wie bei der ersten Abstimmung im Januar. In diesem Fall will May am Mittwoch dann einen ungeregelten Brexit zur Abstimmung stellen. Wenn auch dieser abgelehnt wird, soll das Parlament schließlich über eine Verschiebung des Austritts votieren. Besser so!

Denn nur zwei der Horrorszenarien lauten:

Die Bank von England rechnet mit einem Absturz des britischen Pfundes bei einem Brexit ohne Abkommen. Es würde um 25 Prozent an Wert verlieren. Auch der Immobilienmarkt würde schwer getroffen. Die Zentralbanker gehen von einem Fall der Hauspreise um 30 Prozent aus.

Die britische Exportwirtschaft würde nach Einschätzung des Kreditversicherers Euler Hermes im ersten Jahr Ausfuhren im Wert von 30 Milliarden Pfund verlieren. Auch die Kontinentaleuropäer würden wegen der engen Wirtschaftsbeziehungen getroffen (tagesschau.de). Für die deutschen Exporteure mit Exporten in Höhe von acht Milliarden Euro steht dabei laut Euler Hermes am meisten auf dem Spiel.

Das will keiner!

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