America First! Abschottung und offener Nationalismus – um die internationalen Angelegenheiten der USA ist es aus Sicht ihrer Partner nicht gut bestellt.
Rückzug aus dem Klimaabkommen von Paris, Abwertung internationaler Institutionen, Abschied vom transpazifischen Handelsabkommen TPP. Letzteres hat Chinas Rolle in Asien enorm aufwertet. Goodbye, United Staates?
Man wird sehen. Noch steht Präsident Trumps Patzern das enorme Gewicht der letzten Supermacht der Welt gegenüber. Politisch, militärisch, wirtschaftlich, kulturell. Ebenso wie Jahrzehnte der Diplomatie, weltweiter Einfluss und strategische Partnerschaften.
Aber, was auf Trumps Betreiben geschieht, hat mit Realitätssinn nichts mehr zu tun (New York Times). Es ist die radikale Abkehr von der kooperativen Vision, die Amerika und seine Alliierten seit dem Zweiten Weltkrieg angetrieben hat.
Trump will die Macht Amerikas nicht beenden, aber von Tag eins seiner Regierungszeit an redete er immer wieder dem Rückzug der USA das Wort. Abhängigkeiten beschnitten die Souveränität.
Aus Angelegenheiten anderer Staaten will er die USA heraushalten, so gut es geht. Es sei denn, es sei zum eigenen Nutzen.
Vor diesem Hintergrund muss die Frage gestellt werden: „Kann die liberale Ordnung überleben?“ (Foreign Affairs). Die Antwort fällt nach Trumps Warschauer Rede gemischt aus, stellte Trump sich doch hinter die NATO und führte sich als Bewahrer der westlichen Zivilisation auf.
Aber wie immer folgte auch seinem Jerusalemer „Frieden-für-Nahost-Auftritt“ zunächst nichts.
In Washington verweisen Think Tanks wie die Carnegie Stiftung oder Brookings darauf, dass die USA über Jahrzehnte Institutionen, Regeln und Normen aufgebaut haben, die anderen Ländern Vorbild waren, ihre Differenzen nichtkriegerisch auszuräumen: mit Abkommen, Institutionen oder dem Einstehen für Menschenrechte und Demokratie.
Nicht wenige Kritiker warnen nun davor, dass dies, womit Amerika seine Ära geprägt habe, nun von Trumps Arroganz, seinem geschichtlichem Desinteresse und politischen Unvermögen im Kern bedroht sei.
Das New York Magazine hat gar schon das post-amerikanisches Zeitalter eingeläutet. Länder, die man üblicherweise als Junior-Partner ansehe, schickten sich an, das hinterlassene Vakuum zu füllen.
Dass China, Europa oder Russland die zentrale Stellung der USA bedrohen, ist unwahrscheinlich. „Amerika hat gewiss viele Probleme. Aber es wird wahrscheinlich schon wegen seiner Verwobenheit und seiner zahllosen Allianzen über Jahrzehnte mächtiger bleiben als jeder einzelne andere Staat“ (Joseph Nye, Diplomat).
Aber Krisenmanagement per Twitter sei vollkommen unangemessen, urteilen unter anderen einige Think Tanks. Sehen wir uns Nordkorea, Russland, Nahost, Iran, Syrien und die Lage im südchinesischen Meer an: Die Vereinigten Staaten sind unter ihrer chaotischen, unbeständigen Regierung überfällig für eine ernsthafte Krise – und alles andere, als darauf vorbereitet.
Den Begriff „amerikanisches Jahrhundert“ hat der TIME-Verleger Henry Luce geprägt.
Er wollte die US-Regierung damals vom Eintritt in den Zweiten Weltkrieg überzeugen, statt Isolationismus solle sie moralischen Einfluss geltend machen.
In der Folge stand der Begriff für eine von den USA geprägte Ära.
Luce definierte die „amerikanische Idee“ als Wertschätzung der Freiheit, des Rechts und der Religionen, Chancengleichheit für alle uns als Bekenntnis zur Wahrheit und zur Zusammenarbeit.
All dies sind Ideale, die heute kaum jemand mehr mit Trump verbindet. „Das amerikanische Jahrhundert“ war vielen ein Begriff. Von all dem haben sich die USA unter Trump verabschiedet.
Gleichwohl bleiben die USA eine gigantische Macht, nicht nur politisch und ökonomisch. Gleiches gilt für die Popkultur, sie sind führend in vielen Wissenschaften. Amerikas Schriftsteller haben Weltruf, seine Sportler gehören zur Weltspitze.
Gesellschaftlich ist es aber im Land kälter geworden. International sind die Vereinigten Staaten eine Art „Platzhirsch mit Imagekrise“ (gmx.net).