„Ja zur Demokratie – Nein zum Staatsstreich“: Unter diesem Motto ruft unter anderem die Union Deutsch-Türkischer Demokraten (UETD) für den heutigen 31. Juli zur Demonstration in Köln auf. In Nordrhein-Westfalen wohnt rund ein Drittel der türkischstämmigen Menschen in der Bundesrepublik. Deswegen finden hier immer wieder Demonstrationen und Kundgebungen türkischer Politiker und Interessenvertretungen statt. Der türkische Präsident Erdogan ließ sich hier 2014 von 20.000 Anhängern feiern.

Die Demonstration richtet sich offiziell gegen den Putschversuch einiger Militärangehöriger in der Türkei vor zwei Wochen. Die Kölner Polizei geht aber davon aus, dass sich dort hauptsächlich Anhänger des türkischen Präsidenten Erdogan versammeln. Die UETD gilt als Auslandsvertretung der türkischen Regierungspartei AKP. Eine Videoübertragung nach Ankara verbot das Oberverwaltungsgericht, am Samstagabend bestätigte das Bundesverfassungsgericht das Verbot letztinstanzlich. Auch eine Rede Erdogans darf nicht live nach Köln übertragen werden.

In den vergangenen Tagen war immer wieder die Rede davon gewesen, dass Regierungsmitglieder nach Köln kommen werden – bis hin zu Erdogan persönlich. Die Polizei hat von den Veranstaltern keine offizielle Rednerliste bekommen.

Man rechnet bei den Sicherheitsbehörden mit mehr als 30.000 Teilnehmer, teilweise „hoch emotionalisiert“. 2.700 Beamte sind im Einsatz, darunter auch türkischsprachige. Die Sicherheitslage wird insbesondere dann als bedenklich eingestuft, wenn Mitglieder der türkischen Regierung an der Demonstration teilnehmen. Dann könnte die gesamte Demo verboten werden.

Vertreter der türkischen Regierung werfen den deutschen Behörden wiederum vor, die Demonstration mit Tricks verhindern zu wollen. Weil ein Verbot kaum Aussicht auf Erfolg hätte, versuche man die Demo mit anderweitigen Repressalien zu verhindern. Plötzlich sprängen Lieferanten ab, Dienstleister stornierten fest gebuchte Verträge. Das werfe kein gutes Licht auf das derzeitige Demokratieverständnis in Deutschland, sagte unter anderen ein Menschenrechtsbeauftragter der türkischen Nationalversammlung.

Präsident Erdogan beschuldigt Deutschland, die Meinungsäußerungen türkischer Staatsbürger und Deutscher mit türkischen Wurzeln zu unterdrücken. Diese würden an Demonstrationen gehindert und dürften mancherorts nicht einmal die türkische Fahne an ihren Häusern hissen. Die Behörden haben immerhin die Großdemonstration am Sonntag genehmigt.

Es ist ein unvorstellbarer Affront, wenn Vertreter von Staaten, wie derzeit der Türkei, die im Begriff sind, ihre demokratischen Grundsätze aufzugeben, anderen Demokratien vorwerfen, man halte sich nicht an demokratische Prinzipien.

Hintergrund ist nicht zuletzt, dass Präsident Erdogan hofft, auch in der Bundesrepublik lebende Landsleute für seine Politik mobil machen zu können. Nicht auf deutscher Seite liegt mit dem Verbot der Live-Schaltung von Erdogans Rede eine Verstoß gegen demokratische Prinzipien vor; es ist vielmehr so, dass der türkische Präsident die politische Infrastruktur Deutschlands für seine Zwecke instrumentalisieren möchte.

Doch Erdogan-Anhänger werden nicht die einzigen sein, die auf die Straße gehen. „Erdowahn stoppen“ heißt die größte Gegendemonstration, die die Jugendorganisationen von SPD, Grünen, Linken und FDP angemeldet haben. Im Vergleich zur Pro-Erdogan-Demonstration ist die Teilnehmerzahl sehr gering. 1.500 Menschen werden erwartet. Die Gegendemonstranten wollen sich nicht auf die Seite der türkischen Putschisten stellen – sondern gegen Einschüchterungen, Verhaftungen und Gewalt gegen Erdogan-Gegner in der Türkei und Deutschland demonstrieren.

Auch rechte und linke Gruppen wollen am Wochenende in Köln demonstrieren.

Gegen die Rechten und die Anhänger des türkischen Präsidenten demonstriert das Bündnis „Köln gegen Rechts“ mit voraussichtlich 500 Teilnehmern. Weder Putsch noch Diktatur unterstütze man. „Für Demokratie, Gleichheit, Freiheit und Solidarität hier und in der Türkei!“, schreibt das Bündnis auf seiner Webseite.

Schließlich: Dass bei den deutschen Rechten die obligatorische Hetze gegen den Islam nicht fehlen dürfe, verstehe sich von selbst. Das Problem sei nicht der Islam, sondern der diktatorische Wille eines Partners von BRD und EU. Je weiter die Meinungen hier auseinander gehen, um so weiter rückt auch ein Beitritt der Türkei zur EU in nicht greifbare Ferne.

 

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