Die Kanzlerin und CDU-Chefin als auch der sozialdemokratische Erste Bürgermeister Hamburgs brauchen nach dem G20-Gipfel eine schnelle, gemeinsame Botschaft: Sie loben die Polizei für den Schutz des Gipfels, verurteilen die Randale und versprechen schnelle Hilfe. Die Christdemokratin und den Sozialdemokraten verbindet durch G20 eine Schicksalsgemeinschaft. Sie wissen: Nach dem Gipfel ist vor der Krise, sowohl in der Innen- wie der Außenpolitik. Und gefährlich werden kann der G20-Gipfel auch nach seinem Ende.

Eine negative G20-Bilanz trifft vor allem Olaf Scholz. Der SPD-Politiker wird derzeit von allen Seiten attackiert: Hamburg sei der falsche Ort für einen G20-Gipfel, wird kritisiert; die Polizei hat für die einen zu weich, für die anderen zu hart reagiert. Und in Berlin fiel ihm just vor Gipfelbeginn SPD-Außenminister Sigmar Gabriel in den Rücken, als er vorschlug, Treffen der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer nur noch in New York abzuhalten. Scholz hatte gerade betont, welche große Chance die weltweite Berichterstattung für die norddeutsche Metropole bedeute.

Aber auch für Merkel ist die Arbeit mit dem G20-Gipfel mit der Abschluss-Pressekonferenz nach endlosen Sitzungen und bilateralen Absprachen nicht getan. Denn im Wahljahr kann sich die CDU-Vorsitzende nicht leisten, dass das Treffen in Hamburg als Misserfolg in Erinnerung bleibt. Schließlich profitiert sie derzeit in Umfragen von der Einschätzung vieler Wähler, dass sie als Kanzlerin eine ordnende Rolle in der Welt spiele.

Dazu kommt, dass Merkel immer ein doppeltes Urteil aushalten muss – was teilweise widersprüchlich ausfällt. In der Innenpolitik fordern SPD, Grüne und Linkspartei von ihr die reine Lehre etwa in der Umweltpolitik – auch gegenüber Trump. Außenpolitisch musste sie aber die kompromissbereite Gastgeberin spielen. Dass US-Präsident Donald Trump beim Klima nicht einlenken würde, war dabei seit seiner Ankündigung letzten Monat klar, aus dem Pariser Klimaschutzabkommen auszutreten. Scherzhaft sprach Merkel vor dem Gipfel davon, dass sie vor einer „Quadratur des Kreises“ stehe.

Tatsächlich lenkte Trump zwar bei Themen wie Handel und Entwicklung weitgehend ein, blieb aber beim Klimathema hart – und beförderte die westliche Supermacht nach Ansicht auch anglo-amerikanischer Medien wie dem Guardian oder der Washington Post ins politische Abseits. Dass Trump am Ende sogar auf die Pressekonferenz in Hamburg verzichtete, unterstrich diesen Eindruck noch. Der innenpolitischen Konkurrenz kann Merkel jetzt entgegenhalten, dass sie keine Verwässerung der Klimaschutzpolitik zugelassen habe – der Konflikt mit den USA ist in der Abschlusserklärung jetzt vielmehr klar benannt.

Letztlich reiht sich der G20-Gipfel nur in eine Serie von Treffen ein, mit denen Merkel und internationale Partner Trump klar machen wollen, dass sein „America-First-Kurs“ nicht erfolgreich sein kann – und dass es bei einem schrumpfenden Anteil der USA an der Weltbevölkerung keine dumme Idee wäre, auch die Interessen der anderen mit zu beachten. Das Wort „Einhegung“ machte in Hamburg mit Blick auf den US-Präsidenten die Runde: Der Begriff beschreibt den Versuch, Trump mit immer neuen Verabredungen etwa zum Handel, zu Migration oder dem Finanzsektor schrittweise Grenzen zu setzen, die er nicht wieder überschreiten kann.

Die USA sind zufrieden. Das Treffen sei sehr konstruktiv gewesen, sagte der US-Außenminister: Die beiden Staatspräsidenten hätten schnell Kontakt zueinander finden können. Jedermann wisse, dass die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Russland derzeit sehr belastet seien – deshalb sei es gut gewesen, sich in diesem ersten Gespräch nicht in der Aufarbeitung der Vergangenheit zu verheddern.

Die Chemie zwischen Trump und Putin hat offenbar auch insoweit gestimmt, als der Zusammenprall der beiden Elemente der Macht auch in einer der heikelsten Fragen nicht zur Explosion führte. Für die amerikanische Öffentlichkeit dürfte jener Teil des Gesprächs von besonderer Bedeutung gewesen sein, der sich mit der russischen Rolle während des amerikanischen Wahlkampfes auseinandersetzte. Denn die Intervention Moskaus zugunsten Trumps und zulasten Hillary Clintons hat zu der sogenannten Russland-Affäre geführt, die das ganze Land in Atem hält, mittlerweile einen Sonderermittler beschäftigt und wie eine dunkle Wolke über der Präsidentschaft Donald Trumps liegt. Er habe versucht, den russischen Präsidenten zu einer klaren Antwort zu nötigen: Was hat Russland da wirklich getan?

Putin habe darauf nach Beweisen verlangt. In dieser Situation habe sich der amerikanische Präsident entschieden, die Aufklärung dieser Affäre anderen zu überlassen – und lieber nach vorne zu schauen.

Das tun wir auch!

 

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