Die New York Times schreibt diesen Sonntag in der Überschrift: „Trump Changed the Presidency, but It Has Also Changed Him“.
Während des Wahlkampfs warb Trump mit der Ankündigung, die Steuern zu senken und die Mittelschicht zu entlasten. Gleichzeitig sollten die amerikanischen Staatsschulden vollständig abgebaut werden (Trump will das in nur acht Jahren schaffen!). Eine clevere Umstellung der Bemessungsgrundlage (von der Quellenbesteuerung auf die sogenannte „destination-based corporate cash flow tax“ soll zudem die Möglichkeiten der Steuervermeidung drastisch einschränken. Ein ziemlich sperriger Begriff, man kann sich eine Art Mehrwertsteuer vorstellen, die auf jedes verkaufte Produkt in den USA erhoben wird. Allerdings mit einem entscheidenden Unterschied: Anders als bei einer reinen Mehrwertsteuer dürfen die Unternehmen die Löhne, die sie Mitarbeitern in den USA zahlen, steuerlich geltend machen.
Was das konkret bedeutet, wird am besten an einem Beispiel in ZEIT ONLINE im Februar deutlich: Würde VW für eine Million Euro Autos in den USA verkaufen und der Steuersatz 20 Prozent betragen, müsste der Konzern, sofern er nur in Europa produziert, 200.000 Euro Steuern zahlen. Beschäftigt er aber auch Mitarbeiter in den USA, denen er zusammen 500.000 Euro an Lohn zahlt, könnte er diese Summe von seinen Einnahmen abziehen. Es verblieben dann nur 500.000 Euro, die er versteuern müsste – und damit 100.000 Euro, die VW an den amerikanischen Fiskus zu entrichten hätte. Der politische Wille ist klar zu erkennen: Unternehmen, die für Arbeitsplätze in den USA sorgen, sollen vom Staat belohnt werden. Und nebenbei sollen Steueroasen ausgetrocknet werden.
Zudem versprachen sich einige Vertreter aus dem Trump-Lager, dass die damit einhergehende „border tax“, also die Besteuerung von Importen und die Freistellung von Exporten, das Handelsdefizit reduzieren würde – wenngleich dies aus theoretischer Sicht nicht unbedingt zu erwarten steht. Die Einführung von Sofortabschreibungen für Investitionsgüter (in Verbindung mit der Streichung der Absetzbarkeit von Fremdkapitalzinsen) sollte die steuerliche Bevorteilung von Fremdkapital beenden und die Normalverzinsung des Kapitals steuerfrei stellen.
Von den Haushaltszielen Entlastung, Schuldenabbau, Bekämpfung der Steuervermeidung, Reduktion des Handelsdefizits, Finanzierungsneutralität ist nur erstere übriggeblieben. Und diese soll für Unternehmen üppiger ausfallen als zunächst angenommen. Der Steuersatz (der Körperschaftsteuer auf Bundesebene) soll von jetzt 35% auf 15% (ursprünglich angekündigt waren 20%) sinken. Damit einhergehende Verluste beim Steueraufkommen sind dramatisch und machen einen Schuldenabbau unmöglich, da es bis dato keine Vorstellung einer plausiblen Gegenfinanzierung gibt. Die „border tax“ ist nicht mehr im Programm, die Umstellung von weltweiter auf territoriale Besteuerung wird hingegen tendenziell zu einer Ausweitung des Handelsdefizits führen. Zur Gleichbehandlung von Fremd- und Eigenkapital findet sich nichts in den Plänen.
Die Pläne lassen erkennen, welche Ziele der Präsident für vorrangig erachtet und welche nicht. Innerhalb der geplanten Entlastungen lassen sich Schwerpunkte erkennen: Unternehmen werden stärker entlastet als zunächst angekündigt. Zudem sollen eigentümergeführte Unternehmen zukünftig von dem niedrigen Körperschaftsteuersatz profitieren können, wovon vor allem reiche Steuer-Individuen (wie unter anderem Trump selbst) profitieren, ebenso wie die geplante Abschaffung der ObamaCare-Steuer. Hingegen wurde die ursprünglich angekündigte Vervierfachung des Freibetrags in der Einkommensteuer auf eine Verdoppelung reduziert – die Entlastung, von der anteilsmäßig vor allem Geringverdiener profitieren würden, fällt also geringer aus.
Auch das nach Wachstum und Entlastung weitere Ziel der Steuerreform, nämlich die Vereinfachung des Steuerrechts, wird voraussichtlich verfehlt. Aus sieben Einkommensintervallen (income brackets) sollen drei werden und einige Abzugsmöglichkeiten wegfallen; Details fehlen jedoch bislang. Zudem sollen wesentliche Abzugsmöglichkeiten (für Hypothekenzinsen, Spenden usw.) bestehen bleiben. Dass Unternehmenseigner ihr Einkommen unter der Körperschaftsteuer versteuern können, erschafft zudem eine attraktive Steuervermeidungsmöglichkeit, die umfangreiche Detailregelungen erfordern wird, soll es nicht zu einer Welle an Unternehmensneugründungen kommen, die einzig der Steuervermeidung dienen, was die geplante Reform schließlich vermeiden soll.
Es klingt zunächst alles gut, aber: Die Reform wird ein riesiges Loch in den amerikanischen Haushalt reißen – es werden vor allem diejenigen zu den Verlierern gehören, die auf einen starken Staat angewiesen sind.