Religion und Politik … Geht das zusammen? Ich habe meine Zweifel! Man hat zunächst zwei Elemente: Die Religion und die Politik. Die Politik, wie der Name schon sagt, beschäftigt sich mit der öffentlichen Sache. Die Angelegenheiten des Staates und der Gesellschaft. Jene gilt es zu regeln, viele Interessen müssen unter einen Hut gebracht werden.
Die Religion befasst sich mit Gott. Nur mit Gott? Wohl nein! Allein wenn man bei den Buchreligionen in den heiligen Büchern nachliest, dann wird man eines anderen belehrt. Schaue ich als Christ beispielweise in die Bibel und in die zehn Gebote, dann fällt folgendes ins Auge:
Die ersten drei Gebote legen Bestimmungen für die Beziehung zwischen Gott und Mensch fest. Die Gebote fünf bis zehn wiederum regeln das zwischenmenschliche Zusammenleben. Eine Mischform stellt das vierte Gebot dar, welches zur Sabbatheiligung aufruft. Einerseits weist der ausführliche Text in 2. Mose 20, 9-11 auf den göttlichen Ursprung des Sabbats in der Schöpfung hin. Der siebente Wochentag ist somit zunächst ein Gedenktag. Doch auch dem Menschen nützt das Arbeitsverbot am Sabbat, weil er sich dadurch erholen kann. Arbeitsmedizinische Erkenntnisse stützen dies, denn ein echter Ruhetag nach sechs Tagen voller Arbeit oder privater Geschäftigkeit stellt die schonendste Form der Lebens- und Arbeitszeitgestaltung dar. Andere Religionen wie Islam und Judentum mögen das ähnlich regeln.
Es gibt also, was den Umgang der Menschen miteinander angeht, eine Überschneidung von Politik und Religion. So weit, so gut! Was aber, wenn in eine bisher liberale Staatsauffassung auf eine streng oder gar radikal ausgelegte Religion trifft? Strenger Hinduismus auf das normale Leben in Indien? Ein offener arabischer Staat und strenge Auslegung des Koran? Die Greueltaten des Islamischen Staates, welcher die Einrichtung eines sogenannten Gottesstaates anstrebt, sind hinlänglich bekannt. In Indien hat vor einiger Zeit ein wütender Mob einen Schied totgeschlagen, weil er angeblich – das Gerücht war noch nicht einmal verifiziert – Rindfleisch verzehrt hat. In Indien gelten (aus religiöser Sicht) Rinder als heilige Tiere. Zu einer ernstlichen Strafverfolgung kam es bisher nicht.
Konflikte sind vorprogrammiert!
Aber auch in Europa wird die Angelegenheit heiß diskutiert. Schon in unserer Präambel zum Grundgesetz steht: „Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, …“.
Nach Ansicht des Staatsphilosophen Josef Isensee ist die Trennung von Staat und Religion nicht sinnvoll, da das Christentum eine historische Grundlage Deutschlands sei. Außerdem führte seiner Ansicht nach die Entfernung von religiösen Symbolen, zum Beispiel aus Klassenzimmern, zu einer „Verödung der Kulturlandschaft“.
Das würde bedeuten, dass in den Schulen die historischen Grundlagen, aus denen unser Gemeinwesen entstanden ist, verschwänden, und es würde eine sterile Welt geschaffen, in der möglicherweise eine Pseudo-Religion einziehen könnte anstelle des Christentums. Unsere Stadtbilder sind geprägt von der christlichen Vergangenheit, die – genau genommen – keineswegs vergangen ist, sondern eben noch ein wesentliches Stück Gegenwart ist. Das Christentum lässt sich als historische Grundlage unseres Landes und ganz Europas begreifen, und der Staat gewährt dem Christentum wie allen anderen Religionen die grundrechtliche Freiheit und Gleichheit.
Man darf aber nicht übersehen, dass einige bekannte Köpfe unseres Landes, unter anderem der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt, der Auffassung sind, dass das Christentum mittlerweile an seine Grenzen stößt. Solange eine mittelterliche Liturgie auf einen postmodernen Staat trifft, wird sich dieser Konflikt auch nicht lösen lassen. Im Gegenteil! Es wird noch mehr Kirchenaustritte geben. Und die Kirche hat schon genug Federn lassen müssen. Die katholische Kirche hätte vor zwanzig Jahren nie und nimmer Geschiedene, Wiederverheiratete oder Homosexuelle in ihren Kreisen geduldet.
Nicht zuletzt: Hat nicht schon die Wirtschaft uns zu Konsumjüngern gemacht? Wurden hier nicht ähnliche Methoden wie dazumal von der Kirche angewandt? Soviel zu Ersatzreligion!