Nordkoreas Militär hat den Vereinigten Staaten mit einem Raketenangriff auf die Gewässer um die US-Pazifikinsel Guam gedroht und damit einen der gefährlichsten Konflikte der Welt weiter angeheizt. Die Streitkräfte zögen eine solche Attacke ernsthaft in Erwägung, meldete die staatliche Nachrichtenagentur KCNA.

Guam (Chamorro: Guåhån) ist die größte und südlichste Insel des Marianen-Archipels im westpazifischen Ozean. Sie ist ein nichtinkorporiertes Territorium der USA (Außengebiete der Vereinigten Staaten). Die Hauptstadt ist Hagåtña, früher Agana (Wikipedia). Bekannt geworden ist die Insel durch den dort befindlichen strategisch wichtigen amerikanischen Luftwaffenstützpunkt Andersen Air Force Base.

Laut nordkoreanischer Armee könne der Plan jederzeit ausgeführt werden, sobald Staatschef Kim Jong-un die Entscheidung dazu treffe. Zuvor hatten schon Berichte über erhebliche Fortschritte des kommunistischen Staates bei seinem Atom- und Raketenprogramm für Beunruhigung im Ausland gesorgt. Die Stellungnahme aus Pjöngjang kam nur wenige Stunden, nachdem US-Präsident Donald Trump Nordkorea indirekt militärische Gewalt angedroht hatte. Wenn Nordkorea seine Drohungen fortsetze, werde diesen „begegnet mit Feuer, Wut und Macht, wie die Welt es so noch nicht gesehen hat“, so Präsident Trump gestern.

Die nordkoreanischen Drohungen nehmen direkt Bezug auf die US-Luftwaffenbasis Andersen AFB auf Guam, von der die Vereinigten Staaten immer wieder strategische Bomber in Richtung koreanische Halbinsel entsendet haben. Diese Bomber sind zuweilen mit Atomwaffen ausgerüstet und zeigen diese auch, indem sie die Waffenschächte öffnen. In Erwägung gezogen wird demnach ein Angriff mit ballistischen Raketen des Typs Hwasong-12 auf die Gewässer um den US-Stützpunkt auf Guam, um die dort stationierten Bomber in Schach zu halten – die Insel sei der potenzielle „Ausgangspunkt für eine Invasion in Nordkorea“. Begründet wurde die Drohung Pjöngjangs mit der Mobilisierung des US-Atomwaffenarsenals sowie den jüngsten US-Raketentests und Übungen mit Langstreckenbombern über Südkorea. Derartige Militärmanöver der USA können in der momentan extrem heiklen Situation auf der koreanischen Halbinsel einen gefährlichen Konflikt provozieren.

Aus Nordkorea ist zu hören, das Land habe für die Entwicklung seiner strategischen Waffen „alles riskiert“ und nutze sie „weder als Faustpfand, um Anerkennung von Dritten zu bekommen, noch für irgendeinen Tauschhandel“. Vielmehr seien sie „ein wichtiges militärisches Mittel, um entschlossen den politischen und wirtschaftlichen Druck der USA sowie ihre militärischen Drohungen zu kontern“. Die Frage ist, ob die USA die Option eines von ihnen so genannten „Präventivkrieges“ haben. In einer Stellungnahme kündigte das nordkoreanische Militär an, auf einen Präventivkrieg der US-Streitkräfte mit einem „totalen Krieg“ zu reagieren, der sämtliche Stützpunkte des Gegners ausrotten werde, auch auf dem US-Festland. Inzwischen könnte Nordkorea nach Erkenntnissen der USA und Japans in der Lage sein, seine Raketen mit Miniatur-Atomsprengköpfen zu bestücken – auch Interkontinentalraketen. Wie gestern die Washington Post unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse berichtete, habe Nordkorea nach Einschätzung des Geheimdienstes DIA (Defence Intelligence Agency) bei seinem Atom- und Raketenprogramm viel schnellere Fortschritte gemacht als bisher angenommen. Ein in Tokio veröffentlichtes Weißbuch des japanischen Verteidigungsministeriums kommt zum gleichen Ergebnis. Der jetzt bekanntgewordene Schritt ist für Nordkorea ein entscheidender auf dem Weg zu einer vollwertigen Atommacht; was wiederum die weltweiten Sorgen vergrößert.

Der Konflikt mit dem kommunistischen Land gilt als der derzeit gefährlichste der Welt. Japan und Südkorea sind Verbündete der USA, dem Erzfeind der Führung in Pjöngjang. Beide Länder fühlen sich durch das Atom- und Raketenprogramm Nordkoreas zunehmend bedroht. Trotz aller Verbote des UN-Sicherheitsrates sowie aller Warnungen hatte Nordkorea am 28. Juli eine Interkontinentalrakete getestet. Diese hatte nach Berechnungen von Experten eine theoretische Reichweite von rund 10.000 Kilometern. Als Reaktion auf den Raketentest verhängte der UN-Sicherheitsrat vor einigen Tagen die bisher schärfsten Wirtschaftssanktionen gegen Nordkorea. Nordkoreas Staatschef Kim hatte nach dem Test gesagt, das Festland der USA sei jetzt in Reichweite. Nach Einschätzung amerikanischer Experten wäre eine solche Rakete in der Lage, auch Städte wie Los Angeles oder Chicago zu erreichen.

Angesichts anhaltender Raketentests rüstet sich Hawaii gegen einen Atomschlag aus Nordkorea. Dafür wurde nun ein umfangreiches Vorbereitungsprogramm für die Bewohner gestartet. Auch Alaska leitet Schritte ein.

Angesichts der Bedrohungen aus Nordkorea planen die Vereinigten Staaten einen Raketenabwehrtest auf der Insel Kodiak Island im US-Staat Alaska. Marinesoldaten sind angewiesen worden, sich am kommenden Wochenende aus Meeresgebieten zwischen der Insel und Hawaii fernzuhalten, wie aus einer Notiz der US-Küstenwache hervorging.

Aus einem Bericht der Kodiak Daily Mirror weiß man, dass die US-Armee Teile des Raketenabwehrsystems THAAD testen wird. Es ist auch in Südkorea und Guam stationiert, um potenzielle Angriffe aus Nordkorea zu stoppen.

Ein Vertreter der US-Raketenabwehr erklärte gegenüber der Zeitung, schon einmal in diesem Monat sei ein Flugtest von Kodiak erfolgt. Dieser habe die Fähigkeit von THAAD bestätigt, eine Interkontinentalrakete abzufangen. Der nun geplante Test hat nach den Angaben zum Ziel, eine Mittelstreckenrakete innerhalb der Erdatmosphäre aufzuhalten. THAAD ist insgesamt bereits 14 Mal erfolgreich getestet worden.

Hawaii hat unterdessen ein Informationskampagne gestartet, wonach sich die Bewohner der Inselkette auf einen möglichen Atomschlag Nordkoreas vorbereiten sollen. Die Katastrophenschutzbehörde hat dafür ein Merkblatt ins Internet gestellt.

Bürger sollen demnach drei einfache Schritte befolgen, sobald Sirenen ertönen:

Begib dich in ein Gebäude (vorzugsweise ein Haus aus Beton),

bleibe dort (bis zu zwei Wochen), und

informiere dich über Radio und TV.

Der Chef des hawaiianischen Katastrophenschutzes erklärte gegenüber Hawaii News Now, dass eine Interkontinentalrakete aus Nordkorea nach Abschuss lediglich 20 Minuten benötige, um Hawaii zu erreichen. Den Bewohnern blieben nach Benachrichtigung acht bis zwölf Minuten Zeit, um sich in Sicherheit zu bringen.

Nordkorea sei imstande, Nuklearbomben mit einer Sprengkraft von 10.000 Tonnen TNT zu bauen. Zum Vergleich, die Hiroshima-Bombe entsprach 16.000 Tonnen. Ab November sollen nun regelmäßige Evakuierungsübungen stattfinden.

Trotz verschärfter internationaler Sanktionen baut Nordkorea sein Nuklear- und Raketenprogramm aus. Ziel ist, eine Langstreckenrakete mit Atomsprengkopf zu entwickeln, die US-Festland erreichen kann.

Die hawaiianische Tourismusbehörde beobachtet die Pläne mit Sorge. Sie fürchtet, dass solche Pläne Touristen verunsichern könnte. „Solche Maßnahmen würden die Menschen, die vom Tourismus abhängig sind, unmittelbar zu spüren bekommen“, teilte die Behörde mit.

Für die Bürger der Insel sind solche Schutzmaßnahmen aber nicht völlig neu: Weil die Insel in der Vergangenheit oft von Tsunamis heimgesucht wurde, existieren bereits einige Krisenpläne. Den Bewohnern wird zum Beispiel in der Wirbelsturmsaison stets empfohlen, eine Lebensmittel-Notfallversorgung bereitzuhalten, die 14 Tage reicht.

Im April diesen Jahres war laut Handelsblatt noch umstritten, wie ausgereift die nordkoreanische Raketentechnik ist und ob das Land überhaupt über eine funktionierende Interkontinentalrakete verfügt. Doch ein Ausschuss des hawaiischen Abgeordnetenhauses will zumindest, dass die Pläne zum Schutz vor einem möglichen atomaren Angriff erneuert werden. Der Beschluss sieht unter anderem Möglichkeiten vor, die Einrichtung provisorischer Häfen zu prüfen, sollte ein Haupthafen „von einer Natur- oder menschengemachten Katastrophe getroffen“ werden.