Präsident Trumps Attacken gegen die Strafverfolgungsbehörden des Bundes sind in der Geschichte der USA beispiellos. Ein Kampf der Institutionen, den es in dieser Form unter keinem seiner Vorgänger gab. Er ist der erste Präsident, der nicht einzelne Akteure, sondern den ganzen Justizapparat diskreditiert.

Trump tut dies nicht etwa, weil er nüchtern Reformbedarf analysiert hätte, sondern, weil er persönlich in der Russland-Affäre unter Druck gerät. Vor einer möglichen Befragung als Zeuge untergräbt er die Reputation der Spitzen von FBI und Justizministerium – obwohl er das Personal selbst ausgesucht hat. Als Vehikel nutzte er den umstrittenen Report eines republikanischen Abgeordneten, der beweisen sollte, dass die Aufklärer unseriös und verzerrt arbeiten. Trump gab das Memorandum gegen harte Widerstände frei. Und riskiert damit eine Vertrauenskrise zwischen Regierungszentrale und Justiz, Bundesbehörden und Kongress, Bürgern und Strafverfolgern.

Inhaltlich ist das Memo banal, weit entfernt von einer explosiven Enthüllung. Doch der Streit darum hat die von Trump gewünschte Wirkung erzielt: Das Ansehen des FBI sinkt, und das dramatisch! Wäre die Realität nicht so erschreckend, könnte man darüber spotten: Ausgerechnet der Mann, der in Hillary Clintons Richtung „Sperrt sie ein!” von Wahlkampfbühnen brüllte, beschwert sich über einen Mangel an Rechtsstaatlichkeit.

Der Wirbel um das Papier ist Ausdruck des Netzes aus Argwohn und Hass, das Trump über dem Land auswirft und dem er seinen politischen Aufstieg verdankt. Seit Jahren schürt er Misstrauen in die Institutionen: angefangen von der Behauptung, Obama sei nicht in den USA geboren, bis hin zur Verschwörungstheorie des „Deep State“ (dradio.de), eines Parallelstaats, der die Regierung torpediere. Im Wahlkampf konnte man das als Spinnerei abtun. Im Amt sieht das anders aus.

Zugrunde liegen soll ein Dossier, das von einem ehemaligen britischen Agenten namens Christopher Steele erstellt wurde und auf enge Beziehungen zwischen dem Wahlkampfteam von Trump und Russland hindeutet, es soll demnach auch als Grundlage für die Abhöraktion gegen einen Mitarbeiter aus Trumps Wahlkampfteam gedient haben. Für die Republikaner ist das nun veröffentlichte Papier der Höhepunkt wochenlanger Angriffe gegen das FBI, dem sie eine Kampagne gegen den Präsidenten unterstellen.

Worum geht es? Abhörmaßnahmen gegen US-Bürger im Zusammenhang mit Spionage müssen von einem speziellen Gericht genehmigt werden, dem FISA-Gericht. Im Kern wird in dem Memo der Vorwurf erhoben, dass FBI und Justizministerium bei der Beantragung von Überwachungsmaßnahmen gegen den ehemaligen Trump-Mitarbeiter Carter Page im Oktober 2016 unzureichende Angaben gemacht hätten. Sie sollen sich hierbei und bei späteren Verlängerungen der Maßnahmen vor allem auf das Dossier des früheren britischen Agenten berufen haben, um die Erlaubnis zu erhalten.

Das Steele-Dossier, in dem Trump, Page und anderen Kontakte zum russischen Geheimdienst während des Wahlkampfs unterstellt werden, ist umstritten. Viele Angaben darin gelten als nicht überprüft. Außerdem stellte sich später heraus, dass Steele für seine Arbeit offenbar über eine Anwaltskanzlei bezahlt wurde, die im Auftrag des Wahlkampteams von Hillary Clinton arbeitete.

Eine Beurteilung des Papiers und des Verhaltens der Behörden ohne die zugrundeliegenden Dokumente ist also unmöglich. Bis dato viel Bohei um nichts!

Das umstrittene Memo wird von Trump und seinen Unterstützern bei den Republikanern als Beleg angeführt, dass es sich bei den Ermittlungen unter der Leitung von Robert Mueller in Wahrheit um eine Verschwörung hochrangiger Beamter aus FBI und Justizministerium gegen den Präsidenten handelt.

Es sei eine Schande, was in in den Vereinigten Staaten vor sich gehe. Einige Leute sollten sich schämen, erklärte Trump nach der Freigabe des Papiers. Das ist Trumps Wahrheit!

Man kann die Entschlossenheit, mit der er nun gegen das FBI und gegen sein eigenes Justizministerium vorgeht, aber auch anders deuten. Nämlich als panischen Versuch, „Nebelkerzen“ zu werfen. Trump will womöglich Fehlverhalten oder sogar Straftaten in seinem Umfeld vertuschen, die Glaubwürdigkeit des FBI untergraben und unliebsame Ermittler loswerden, bevor diese ihm gefährlich werden.

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