Entgegen allen Erwartungen ist Moskau siegreich aus dem Syrien-Konflikt hervorgegangen. Russland bewies militärische Fähigkeit trotz limitierter Ressourcen. Der Erfolg stärkt Russlands Hand im Nahen Osten und bedeutet eine Rückkehr zu den „warmen Meeren“.
Kürlich gab der russische Präsident Wladimir Putin bekannt, dass Moskau die Terrormiliz „Islamischer Staat“ besiegt hat. Auch wenn der IS im globalen Maßstab noch weit davon entfernt ist, tatsächlich besiegt zu sein, ist es dem russischen Antiterroreinsatz gelungen, ihm seine staatsähnliche Struktur zu entziehen. Die Rebellen, die vor allem von sunnitischen Staaten im Nahen Osten, angeführt von der Türkei und Katar, unterstützt wurden, verloren die Initiative im Krieg.
Sie sehen sich heute im Fall einer Eskalation einer gegnerischen Überlegenheit gegenüber, die sich in Form von Russland und Iran hinter Baschar al-Assad positioniert. Weitläufigen Annahmen zum Trotz, wonach sich Moskaus Bemühungen im Zuge der Ukraine-Krise und internationaler Sanktionen in Syrien festfahren würden, ging das Kalkül des Kremls auf.
Zwei Jahre nach Beginn der Operationen im Jahr 2015 zeichnet sich ab, dass Syrien kein zweites Afghanistan-Fiasko für Moskau wird. Aus Perspektive des Kremls wurden im Grunde alle zuvor definierten strategischen Ziele erreicht.
In erster Linie ging es um die Stabilisierung der al-Assad-Regierung, die im Begriff war, von Rebellen des Dschaisch-al-Fatah-Bündnisses überrannt zu werden. Während al-Assad fester im Sattel sitzt als jemals zuvor seit 2011, muss sich der „Islamische Staat“ als weitgehend zerschlagene Guerilla-Truppe zwischen Syrien und Irak durchschlagen. Die Oppositionskräfte, also eine Bandbreite von Gruppen zwischen der Freien Syrischen Armee und islamistischen Milizen, konnte das regierungsloyale Bündnis militärisch isolieren und an den Verhandlungstisch zwingen.
Die Türkei, die als größte Rebellen-Unterstützerin gehandelt wird, trägt die Verantwortung für das Handeln der Rebellen im trilateralen Format der Astana-Friedensgespräche mit Russland und dem Iran. Im Gegenzug erhielt Ankara einen Sonderplatz als Garantiemacht zur Sicherung des Friedens in Syrien. Auch wenn Ankara darauf setzt, über nützliche Kooperationen ein Stück vom Kuchen in Syrien abzubekommen, sind die Gefahren, die von der PKK-nahen YPG-Miliz in Nordsyrien ausgehen, größer geworden. Sie überlagern nun das eigentliche Ziel Ankaras, Russlands Verbündeten Baschar al-Assad zu stürzen. Vom militärischen Standpunkt aus steht der politischen Zukunft von al-Assad dank Russland nichts mehr im Weg.
Beeindruckend sind die militärischen Fähigkeiten, die Russland in Syrien unter Beweis stellt. Mit begrenzten Mitteln vermochten die russischen Streitkräfte das militärische Gleichgewicht zu wenden. Im Schnitt haben sich in Syrien etwa zwischen 4.000 und 4.300 Soldaten aufgehalten. Mit den Abzugsankündigungen des russischen Präsidenten hält der Kreml die Präsenzen am Boden dynamisch. Unterm Strich ist die Anzahl der stationierten Soldaten gering. Neben regulärem Personal setzt Moskau auch auf die Unterstützung von privaten Militärdienstleistern, die meist aus der eigenen Armee stammen und gut ausgebildet sind.
Der Westen – allen voran die USA – hat das dortige Kräftemessen verloren.
Das hat sich im „Arabischen Frühling“ gezeigt. Demokratische Bewegungen sind niedergeschlagen worden. In Syrien gilt für die USA, aber auch für die EU, nur eine Devise: „Assad muss weg.“ Das hat zur Folge gehabt, dass der im Irak ausgebrochene militärische Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten auch auf Syrien übergeschwappt ist. Mit einer Vielzahl an Akteuren: Al Kaida, Nusra-Front, Islamischer Staat, Kurden und der alten Elite Assdas an der Spitze.
Die Büchse der Pandora ist schon nach der Absetzung des irakischen Diktators Saddam Hussein 2002 geöffnet worden. Die USA hatten tatenlos zugesehen, wie sich die Schiiten an der früheren, sunnitischen Machtelite und zugleich an deren ganzer Glaubensgemeinschaft gerächt haben. Das hat Extremisten, Islamisten und auch kurdische Gruppen erst auf den Plan gerufen.
Moskau, das in Ägypten eine wichtige Regionalmacht in Nordafrika sieht, blickt auch in das kriegsgeschüttelte Nachbarland Libyen. Dort unterstützt Kairo die Regierung von General Khalifa Haftar, dem Russland wohlwollend gegenübersteht. Außerdem dürfte Kairo die russische Regierung im Kampf gegen dschihadistische Elemente im Sinai bitten, was Moskau eine starke Verhandlungsposition für neue Wirtschaftsprojekte geben könnte.