Die AfD wird als wirtschaftsfeindlich angesehen, ihre Politik soll den deutschen Unternehmen schaden. Das ist das Ergebnis einer Umfrage unter den Mitgliedern des Leaders Parliament von Roland Berger und der „Welt-Gruppe“. 54 Prozent der Befragten in Chefetagen sind der Meinung, dass die Anti-Euro-Haltung ein Risiko für die Wirtschaft ist. Weitere knapp 30 Prozent halten die AfD für eine wirtschaftsfeindliche Partei, da viele ihrer Positionen denen der Linkspopulisten ähneln.
Die Aussagen sind bemerkenswert. Die Partei wurde dazumal von einem Wirtschaftsprofessor mitgegründet, bei dem man von ökonomischer Kompetenz ausgehen kann. Die Umfrage, an der regelmäßig Führungskräfte der ersten und zweiten Managementebene teilnehmen, offenbart aber, dass lediglich eine Minderheit von zwölf Prozent der AfD eine wirtschaftsfreundliche Attitüde attestieren, weil jene eine positive Haltung zur Marktwirtschaft einnehme bzw. sich gegen die Vergemeinschaftung von Euro-Risiken ausspreche.
Anfänglich hatte die Partei Anhänger unter den Firmenlenkern. Insbesondere Familienunternehmer fühlten sich angezogen von einer Partei, die die Euro-Rettungsprogramme geißelte und das Projekt Euro-Zone am liebsten gestoppt hätte. Die Eurokrise war mit der Gründungsstoff, der die AfD groß machte.
Inzwischen haben Flüchtlingskrise und Gefahren des radikalen Islamismus das einstige Thema verdrängt. Die Verschiebung mag in gewissen Bevölkerungskreisen durchaus verfangen. Bei den jüngsten Landtagswahlen im März hat die AfD durchweg zweistellige Ergebnisse eingefahren. Bei der Wirtschaftselite kommt das Programm hingegen weniger gut an.
Viele Manager und Ökonomen fürchten nicht die AfD an sich. Sie allein könnte sicherlich kein ökonomisches Desaster über Deutschland und Europa bringen. Das Problem seien vielmehr die zahlreichen populistischen Strömungen auf dem Kontinent. Sei es die Anti-EU-Partei Ukip in Großbritannien, der in Frankreich stimmenstärkste Front National oder die neue polnische Regierung von Ministerpräsidentin Szydlo.
In Österreich ist Kanzler Faymann zurückgetreten, nachdem der Kandidat der populistischen FPÖ in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen die meisten Stimmen erzielte. Die etablierten Parteien spüren derzeit gewaltigen Druck von rechtslastigen Konkurrenten.
Wachsender Populismus ist ein weltweites Phänomen. Auch Donald Trump, Kandidat der Republikaner bei den US-Präsidentschaftswahlen, betreibt eine populistische Politik. Die Programme ähneln sich länderübergreifend. Die volksnahen Newcomer kämpfen und stehen für geschlossene Grenzen, ein Ende des Freihandels – einige wollen sogar ein Ende der Europäischen Union!
Die meisten Ökonomen sind sich einig, dass solche Einschränkungen der wirtschaftlichen Freizügigkeit extrem schädlich sind. Etwa 100 Milliarden Euro könnte die Wiedereinführung von Grenzkontrollen Europa bis 2020 kosten, so das holländische Wirtschaftsforschungsinstitut CPB. Das entspricht 0,7 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung! „Prognos“ erwartet für die kommenden zehn Jahre eine Belastung von 470 Milliarden Euro wegen höherer Importpreise.
Nicht Tsipras oder Griechenland, nicht die Schulden sind das größte Risiko für Europa. Das sind Populismus und Nationalismus.
Die wirtschaftliche Elite bangt um den Kontinent. Jeder zweite Vorstandschef fürchtet, dass Europa politisch und ökonomisch auseinanderdriftet.
Das Beispiel Polen macht deutlich, dass populistische Parteien schnell ökonomischen Schaden anrichten können. Die polnische Wirtschaft ist im ersten Quartal 2016 um 0,1 Prozent geschrumpft, erstes Quartalsminus seit 2012. Ein Grund für das Minus sind schwächere Investitionen aus dem Ausland und die generell niedrigere Kreditnachfrage.
Der Wahlsieg der nationalkonservativen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ im Herbst 2015 hat das Vertrauen in die Ökonomie geschwächt. Anfang des Jahres haben führende Ratingagenturen mit Blick auf die politischen Risiken Polen das A-Rating aberkannt und die Bonität auf BBB+ zurückgestuft. Die Kreditwürdigkeit ging runter von „stabil“ auf „negativ“ (Moody´s).