In Syrien ist Krieg. Das seit bereits über fünf Jahren. Das Land ist eine einzige Ruine, die Städte sind Schutthaufen, einige Kulturdenkmäler unwiderruflich aus religiösem Eifer zerstört. Viele Menschen sind tot, der Staat ist im Zerfall begriffen. Während die internationale Allianz aus unter anderem amerikanischen und saudi-arabischen Streitkräften einerseits und von russischer Seite andererseits versucht, die Katastrophe zu beenden, geht das Morden und Zerstören weiter. Das Ausland, der Westen und Russland, ist zerstritten, ob man gegen den Islamischen Staat zur Stützung des Assad-Regimes oder ohne dies vorgeht. Putin bekämpft die Rebellen gegen Assad, Amerika hat kürzlich deren Ausbildung erst einmal eingestellt. Solange hier keine Einigung zu erzielen ist – und das wird wohl auch nicht der Fall sein – werden die Menschen weiter leiden und sterben. Viele fliehen nach Europa. Menschenströme auf unseren Autobahnen sind alltäglich zu sehen.
Hilfe vor Ort, die Fluchtursachen stoppen. Kann man etwas tun? Momentan ist es schwierig in Syrien, aber nach dem Fall des IS gäbe es eine Chance. Somalia sei hier als Beispiel genannt!
Auch dieses Land galt lange als Paradebeispiel für einen gescheiterten Staat. Gewalt und Anarchie bestimmen bis heute in weiten Teilen des Landes den Alltag der Bevölkerung. Dennoch kehren immer wieder im Westen gut ausgebildete Somalier zurück, getrieben von dem Wunsch, ihre erste Heimat zum Besseren zu verändern.
Viele Somalier waren Kinder, als sie mit ihren Eltern damals aus den Bürgerkriegswirren nach Deutschland geflohen sind. Sie kennen ihr Herkunftsland eigentlich nicht, kommen mit Vorstellungen in diesen afrikanischen Staat, welche sich in dessen Realität nicht wiederfinden.
Überraschend ist der Fortschritt dort, dass es Nightclubs gibt, und dass die Leute offener sind als von den Rückkehrern erwartet. Im Taxi auf der Fahrt ins Büro läuft 90er-Jahre-Popmusik. Das passt nicht zu den Vorstellungen von einem Land, aus dem die Eltern einst flohen. Man stellt sich das alles strenger vor. Außer den Sicherheitskontrollen ist das Leben eigentlich ganz normal. Somalia galt jahrzehntelang als Synonym für Anarchie und Gewalt. Die vermeintliche Normalität birgt Abgründe, militärische Kontrollen haben ihren Grund: Das Leben in Mogadischu ist immer noch lebensgefährlich. Erst Ende September starben am Präsidentensitz wieder zwölf Menschen, sie wurden Opfer eines Selbstmordanschlags. Jetzt finden sich dort Panzersperren und Wälle von Sandsäcken. Wer in den Palast will, muss seine Taschen mit Metalldetektoren durchsuchen, sich gründlich abtasten lassen. Somalia, gerade der Sitz des Präsidenten, bilden die Front des Krieges gegen den Terror. Kämpfer der islamistischen Shabaab-Miliz verüben regelmäßig schwere Attentate.
Was bewegt junge Menschen, als Kind nach Deutschland gekommen oder gar dort geboren, die hiesige Sicherheit aufzugeben und in ein Bürgerkriegsgebiet zurückzukehren? Aufbauhilfe, mit dem Know-How, erworben in Deutschland. Etwas der alten Heimat zurückgeben. Einer Heimat, die man nur aus Erzählungen der Alten kennt, deren Realität sich mittlerweile von diesen Erzählungen meilenweit entfernt hat. Ist der Begriff „Heimat“, dessen Inhalt, vielleicht doch stärker, als wir alle denken?! Spüren wir unsere Wurzeln, ohne uns derer rational bewusst zu sein? Eventuell ja! Nicht umsonst nehmen die jungen Somalier ein Leben in Gefahr auf sich, um Menschen in ihrem Herkunftsland zu helfen. Das bedeutet Aufgabe von allem Bekannten, je nachdem auch die Aufgabe eines früheren Lebens. Und man ist nirgendwo richtig zu Hause: in Somalia gelten sie als die „Deutschen“, bei uns waren sie die mit „Migrationshintergrund“. Und dennoch: die jungen Leute sind hier aufgewachsen, haben sich hier integriert, es bei uns zu etwas gebracht. Sie gehen größtenteils fertig ausgebildet nach Afrika, um den Menschen dort eine Chance zu geben. Ihren Anteil am Wiederufbau des Landes zu leisten, nach Jahrzehnten des Bürgerkriegs. Viele gestehen die Angst, die diesen Schritt begleitet: Was wird kommen? Werde ich akzeptiert werden? Falle ich einem politischen Anschlag zum Opfer? Ist es das Ganze wert oder nicht, das sichere Deutschland für ein solches Unternehmen zu verlassen?! Offensichtlich ja! Sie gehen in dem Bewusstsein, dass sich ihr Leben teilweise frappierend verändern wird. Chapeau! Das ist auch eine Hoffnung für Syrien. In einigen Jahren, wenn eine Chance zum Wiederaufbau bestehen sollte …