Liebe Petra,
trotz meiner Bemühungen ein anderes Thema aufzunehmen, kann ich mich nicht von den Fesseln der Tragödie, die wir heute erleben, befreien. Ich kann – ohne lange nachzudenken – behaupten, dass die IS mit ihrer zerstörerischen Strategie, gewonnen hat. Indem sie Millionen Menschen auf die Flucht zwingt, destabilisiert sie die Länder, in denen sie Asyl suchen und ohne große Mühe haben sie das erreicht was sie wollten, uns auseinander zu reißen. Wenn es nicht so fatale Konsequenzen für Europa haben würde, könnte ich diesen Schachzug nur bewundern. Die Terroristen haben uns, ohne einen klassischen Feldzug, psychologisch kontaminiert. Sie haben unseren angeborenen Hass als Waffe benutzt, um die EU zu schwächen und unsere Ängste geschürt. Wer sich von ihnen beeinflussen lässt, verliert den Verstand. Das ist das, was zu beobachten ist. Anstatt sich vereint gegen diese gezielten Attacken der IS zu wehren, schießen sich die Mitgliedsländer in die Beine. Stacheldraht-Barrieren sind die schlechteste Antwort und das Gleiche gilt für den Nationalismus, der eine schiere Illusion ist, auch wenn er für viele den Anschein der Sicherheit vermittelt. Nichts Besseres konnte sich Daesh vorstellen. Diesen Gefallen haben wir ihnen getan. Welch´ ein Trümmerhaufen ist Europa in Kürze geworden.
Liebe Petra, was passiert könnte auch das Ende der Demokratie bedeuten und – auch wenn sie uns immer wieder wackelig erscheint – bleibt sie das beste politisches System. Sie versucht, andere Meinungen zu berücksichtigen, was ein Dorn im Auge der Autokraten ist und für all diejenigen, die sich mit der Faust durchsetzen wollen. Exemplare wie Viktor Órban stehen bei solchen Fragen den Islamisten näher, als zum Geist der Aufklärung, der unsere Zivilisation prägt. Die Terroristen hätten sich keinen besseren Weggefährten wünschen können. Mit seiner Intoleranz schürt er Hass und gerade das ist notwendig, um Europa zu sprengen. Will der ungarische Premier das? Ich kann mir gut vorstellen, dass er auch ganz bewusst den Interessen von Wladimir Putin nachgeht. Sind wir so blind geworden, um uns das nicht vorstellen zu können? Mit der erhöhten Unterstützung des Baschar al-Assad-Regimes, möchte auch Russland die EU erschüttern. Es stellt sich heraus, dass zwei Erzfeinde in Syrien sich vereinen, wenn es um unsere Dekadenz geht und deswegen wäre es dringend notwendig, sich mit Putin an einen Tisch zu setzen, um ihm klar zu machen, dass er sich letztendlich mit solchen Spielchen auch schaden würde. Nicht ohne Grund werden Bomben in den muslimischen Republiken Russlands losgelassen. Es ist wie die Milch, wenn sie überkocht, die den ganzen Herd überschwemmt. Nur wenn man den Topf von der Wärmequelle entfernt, kommt Ruhe und das Gleiche gilt für die Politik. Solange die Zauberlehrlinge am Werk sind, droht alles zu explodieren, aber Kleingeistern wie Órban und Co. scheint das egal zu sein. Immer wieder das Götterdämmerung-Syndrom, das ganz einfach das Gehirn ausschaltet und wenn es zu spät ist, fragt sich das Volk, warum sie solche Vernichter unterstützt hat? Das Volk ist doof… und da auch ich das Volk bin, kann ich mich nicht absondern. Ich kann so lange trampeln wie ich will, es ist kaum anzunehmen, dass ich mit meinen Befürchtungen ernst genommen werde. Sei denn, liebe Petra, dass du meine Botschaft weiter verbreitest. Yes, we can! Es kann nicht sein, dass wir in solch einer bedrohlichen Lage einfach abwarten was geschehen wird. Die Deutschen haben in ihrer Mehrheit den Nazis eine eklatante Antwort verpasst, indem sie die Flüchtlinge unterstützen und auch die Kanzlerin hat dazu beigetragen, dass wir heute uns in einem Spiegel anschauen können. Respekt! Sie hat keineswegs die Pflicht, sich für ihre Haltung zu entschuldigen, im Gegenteil. Jetzt wird sie gefragt, um die europäischen, hysterischen Hühner wieder zur Raison zu bringen und man kann nur hoffen, dass es ihr gelingen wird. Fazit: Es ist jetzt die Zeit gekommen, zu handeln, denn die Jammerei bringt uns nicht weiter. Unsere Aufgabe besteht darin, die EU zu retten, auch wenn uns vieles nicht gefällt. Wir dürfen nie vergessen, dass wir in Frieden leben konnten, dass wir dem Leid, dass die Kriege mit sich bringen, nicht ausgesetzt waren. Ich war am Samstag im Münchner Hauptbahnhof und habe miterleben können, welchem Schicksal die Flüchtlinge hilflos ausgesetzt wurden und was mich am meisten berührte, waren die verstörten Kinder, die Mord und Totschlag in unmittelbarer Nähe erlebt haben. Das sollte uns zum Nachdenken veranlassen.
Ich umarme dich liebe Petra,
Pierre
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