Paneuropa: eine Gemeinschaft aller europäischer Staaten. Das ist grundsätzlich erstrebenswert. Aber nicht um jeden Preis! Es kann schnell aus Paneuropa „Pan-Europa“ werden, das Europa des Pan. Pan ist der griechische Gott des Waldes und der Natur. Der der Hirten. Er ist ein fröhlicher Geselle, liebt die Mittagsruhe. Es ist heiß, niemand darf ihn stören. Tut man es doch, versetzt er die Herden in panischen Schrecken, die Hirten in panische Angst. Das Wort „Panik“ soll hiervon abgeleitet sein. In der Außenpolitik scheint es im Moment so als triebe gerade dieser Pan sein Unwesen. Verwirrung, Ängste! Was geschieht im Falle eines Grexits? Was ist die Konsequenz eines Verbleibens der Griechen im Euro? Fragt man die Griechen, was sie wollen, lautet die Antwort nicht selten: „Wir möchten im Euro bleiben, aber nicht mehr sparen!“. Und genau das geht nicht! In einer Union zu sein heißt, sich an Regeln zu halten. Die derzeitige linksradikale Regierung Griechenlands, die Syriza, verfährt nach der „Rosinentheorie“: Man will sich in den Vorzügen des Euro sonnen, will aber das Ticket für die Sonnenbank nicht lösen. Die Vorgehensweise wurde der griechischen Bevölkerung durch die jetzige Regierung vorgegaukelt, dass man beides haben kann, genauso in Wohlstand leben kann wie die meisten europäischen Länder, ohne Abstriche. Das ist ein Luxus auf Pump. Genau die gleiche Schiene, die bisher auch gefahren wurde: Wohlstand auf Kosten der Anderen und/oder der nächsten Generation. So ist auch nicht verwunderlich, dass sich Griechenland nicht mit Rumänien oder Bulgarien vergleicht oder etwa mit Portugal, dem zweitärmsten Land der Union. Nein, man schaut nach ganz oben zur Spitze! Nach Deutschland! Und vermittelt seinen Wählern: „Da schau hin! So gut kann es uns gehen! Hier und sofort! Es sind die anderen Mitglieder der Eurozone, die uns nicht lassen! Sie wollen ihren Wohlstand nicht mit uns teilen!“. Die kommunistische Botschaft trifft immer auf fruchtbaren Boden. „Der Andere hat zu viel, er muss etwas abgeben.“. Ich will hier nicht das Märchen vom „faulen Griechen“ herunterbeten. Denn auch das ist Quatsch, um das Kind beim Namen zu nennen. Die Griechen können und wollen arbeiten. Sie würden gerne mehr tun, wenn man sie ließe. Das heißt, unter anderem vor Ort Arbeitsplätze zu schaffen. Will Griechenland in „Euroland“ mitspielen, dann muss es sich auch an die dortigen Regeln halten. Die Austeritätspolitik ist Maßgabe, also wird gespart! Will die griechische Regierung das nicht, dann hat das Land in der Eurozone nichts zu suchen. Ob die Sparpolitik wirklich der gesündeste Weg für Europa ist, das steht auf einem anderen Blatt. Ausführungen hierzu würden den Rahmen dieses Artikels sprengen. Europas Problem ist, dass man national denkt. Wenn man nach 1989 zurückdenkt, wie heruntergekommen der Osten Deutschlands war und wie viele Milliarden in diese Gebiete gepumpt wurden. Es hat zu einem Aufschwung sondergleichen geführt. Eine nationale Solidarität ist auf europäischer Ebene (noch) nicht gegeben. Aber die Vereinigten Staaten von Amerika sind auch nicht von heute auf morgen entstanden. Europa hat eine über tausend Jahre alte Geschichte. Regionale Eigenheiten haben sich intensiver eingebrannt als in den USA. Ein europäisches Solidaritätsgefühl wird in seiner Reife lange brauchen. Aber geben wir ihm eine Chance. Schließlich haben die Europäischen Gemeinschaften, die jetzige Europäische Union, Europa, abgesehen von Krisenherden wie dem Balkan, 70 Jahre Frieden beschert. Das gab es auf diesem Kontinent noch nie! Weiterlesen

Sagen die Griechen zu Anfang Juli diesen Jahres Goodbye? Alles läuft darauf hinaus. Die Konten werden von den Bürgern geplündert, die Abhebungen je Tag deswegen von der Regierung auf 60,– Euro rationiert. Die Regierung ist pleite, hilflos muss sie nunmehr zusehen, wie das einst stolze Schiff Hellas untergeht. Kapitän Tsipras und Steuermann Varoufakis haben es nicht aus der stürmischen See retten können. Zum einen Resultat einer unfähigen Regierungsclique, zum anderen ist die Misere aber schon wesentlich älter.

Griechenland hätte nie der Europäischen Union, geschweige denn der Eurozone beitreten dürfen.

Das Land hat seinen immensen Wohlstandszuwachs seit 1990 auf einem riesigen Schuldenberg aufgebaut. Athen hatte sich, im Gegensatz zu anderen hochverschuldeten Ländern, überwiegend für Konsum und nicht für Investitionen in Schulden gestürzt. Das bedeutet nichts anderes als dass man auf Kosten der anderen geprasst hat. Das tut eine seriöse Regierung nicht!

So zum Beispiel beliefen sich die Exporte Griechenlands bei Waren und Dienstleistungen 2013 nur auf 12,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (Deutschland 42,8 Prozent). Das ist der geringste Wert aller EU-Staaten. Der EU-Durchschnitt liegt bei 33,6 Prozent. Dafür waren die Importe mehr als doppelt so hoch wie die Exporte. Eine Wirtschaft, die die Importe nicht mit Exporterlösen ausgleichen kann, ist zwangsläufig auf Auslandskredite angewiesen.

Die Steuerhinterziehung in Griechenland biegt einem die Zehennägel hoch. Milliardäre zahlen kaum bis gar keine Steuern, Vermögen werden ins Ausland transferiert. Der „kleine Mann“ orientiert sich natürlich an dieser Vorgehensweise. Taxifahrer stellen keine Quittungen aus, man kassiert in Lokalen bar ohne Kassenbeleg. Die rechtskräftigen Steuerschulden sind im Lande zu Anfang des Jahres auf den Rekordstand von 70 Milliarden Euro gestiegen. 6.000 GmbHs und Aktiengesellschaften stehen beim griechischen Fiskus mit weiteren 30 Milliarden Euro in der Kreide. Geld, das man dringend für die Rückführung von Kredittranchen benötigt hätte!

Auch die Korruption hat Griechenland fest im Griff. „Fakelaki“ heißt sie dort, der „kleine Umschlag“! Ein niedlicher Ausdruck für ein großes Problem. Die schlechte Bezahlung – der griechische Durchschnittslohn beträgt rund 1.600 € – mag ein Grund dafür sein, dass sich so viele bestechen lassen. Ein anderer ist der Mangel an positiven Vorbildern: Warum sollte dem kleinen Mann verwehrt sein, was in der großen Politik und Wirtschaft Griechenlands gang und gäbe ist?

In einer Untersuchung von 2012 stellte man fest, dass Griechenland beim Korruptionsindex (Corruption Perception Index) von Platz 78 auf Platz 94 von insgesamt 174 Ländern abgerutscht ist und damit innerhalb der EU-Länder den letzten Platz einnimmt. Das bedeutet nichts anderes als dass die Griechen die höchste Korruptionsrate in der EU haben.

Historisch gesehen war die Misere vorprogrammiert: Nach dem Ende der Militärjunta vor vierzig Jahren beantragte der damalige konservative Premier Karamanlis Griechenlands Aufnahme in die Europäische Gemeinschaft (EG), die heutige Europäische Union. Die EG-Kommission riet damals schon von einer schnellen Aufnahme des Staates ab: Griechenlands landwirtschaftlich geprägte Wirtschaft sei nicht konkurrenzfähig, Inflation, Arbeitslosigkeit und Handelsdefizit seien problematisch hoch. Anfang Februar 1976 stimmte der Ministerrat der damals neun EG-Länder dennoch zu, mit den Griechen über den Beitritt zu verhandeln. Athens Versprechen, Ordnung in die eigenen Staatsfinanzen zu bringen, blieb aber nach dem formellen EG-Beitritt 1981 unerfüllt.

Die Währungshüter sagten daher zu Recht „Goodbye“!

© Thomas Dietsch