Mein lieber Pierre,

ein brisantes, diffiziles und außerordentlich wichtiges Thema, dass du heute ansprichst und da bist du bei mir sehr richtig. Kinder werden hinter verschlossenen Türen Zeugen und Opfer häuslicher Gewalt und tragen erheblichen psychischen – oft auch physischen – Schaden davon. Die Täter übernehmen in den allerseltensten Fällen Verantwortung für ihre Taten und finden jede Menge Entschuldigung für etwas, für das es keinerlei Entschuldigung gibt. Was sind die Gründe dafür? Hinterfragen wir sie einmal, lieber Pierre: zu frühe, ungewollte Schwangerschaften, Überforderung der Eltern oder eines Elternteils, finanzielle Nöte, Existenzängste, bereits vorhandene psychische Schäden der Erziehungspersonen, asoziale Familien, bereits vorhandene Prägung zur Gewalt der Eltern durch selbst erlebte Gewalt in der eigenen Kindheit, Drogen-, Alkoholmissbrauch, keinerlei Unrechtsbewusstsein u.v.m.

Ich lasse keine Entschuldigungen gelten, denn Gewalt passiert niemals aus Versehen. Es hat immer mit Erniedrigung, Aggression, Machtausübung, niederen Instinkten zu tun und oft wird sogar dem Opfer noch die Schuld gegeben. Erschreckend, dass diese Täter/ Eltern nach außen fürsorglich wirken, so tun, als ob nichts gewesen sei und sich manchmal sogar entschuldigen oder mit Geschenken versuchen, diese strafbaren Handlung wieder gut zu machen. Erschreckend auch, dass Nachbarn oder Bekannte (sofern sie einen Verdacht haben) nicht sofort eine Meldung an die Polizei oder das Jugendamt machen. Leider sind die auch nicht in der Lage, die Situation dauerhaft zu verbessern und für Abhilfe zu sorgen. Zu oft wurde weggeschaut und nicht rechtzeitig wahrgenommen, obwohl es eindeutige Anzeichen gab. Es passieren zu viele Todesfälle und schwere Misshandlungen von Säuglingen und kleinen Kindern die Öffentlichkeit wird erst aufmerksam, wenn die Medien bedauerlicherweise wieder einmal darüber berichten. Ein Desaster!

Gewaltbereitschaft sieht man niemandem an, es steht kein Schild auf der Stirn mit dem Satz „ich verprügele / ficke oft meinen Sohn, meine Tochter… die haben´s ja auch verdient, die Gören.“ Im Gegenteil: diesen Menschen muss umgehend jegliche Fähigkeit/ Möglichkeit auf ein Kind aufzupassen und es zu aufzuziehen, abgesprochen und untersagt werden! Sofort und unwiderruflich!

Kinder können sich nicht wehren – nicht gegen Prügel, nicht gegen sexuelle Übergriffe, nicht gegen verbale Erniedrigung. Ihnen werden bei gewalttätigen und sexuellen Übergriffen große, irreparable Schäden zugefügt, die sie im schlimmsten Fall nie wieder aufarbeiten können und ggf. in ihrem späteren Leben ebenfalls wieder zu Gewalttätern werden lassen. Schläge und Prügel sind die Waffen des kranken, armen Menschen, der sich anders nicht zur Wehr setzen kann, sagt man. In jedem Fall sind das stark psychisch geschädigte Menschen und wir können davon ausgehen, dass ihnen in der Kindheit wenig Liebe, Aufmerksamkeit, Respekt und ethisches Empfinden entgegen gebracht wurde.

Doch das ist für mich alles keine Entschuldigung für Missbrauch oder Misshandlung an Kindern, die unser größter Schatz sein sollten und glaube mir, Pierre, ich verstehe Frau Bachmann, die damals Selbstjustiz ausübte. Unsere Justiz hat in meinen Augen in diesen Fällen ein viel zu mildes Strafmaß und sucht Gnade für Monster. Mögen nun die Rechtsanwälte mit ihren Paragraphen kontern … Kinder müssen beschützt werden. Sie brauchen Liebe, Verständnis, Respekt, Wärme, Bildung, Nahrung…aber niemals Schläge, auch wenn das früher eine gängige (und sehr falsche) Erziehungsmethode war.

Der Europarat sieht Handlungsbedarf, aber ob die Gesetze von den Menschen, die zu der o.g. Gruppe gehören, überhaupt akzeptiert oder wahrgenommen werden? Das sehe ich nicht so. Gerade diese Leute brauchen dringend psychologische Hilfe und idealerweise führt man vor dem Zeugungs-Schuss und der Empfängnis den „Eltern-Führerschein“ ein – aber das entspringt meinem phantasievollen Idealbild.

Für die Kinder dieser Welt, mein Appell an ihre körperliche und geistige Unversehrtheit!

 

Petra

 

© Petra M. Jansen

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Liebe Petra,

heute bin ich auf eine Nachricht gestoßen, die mich nachdenklich gestimmt hat. Der Europarat, das Organ, das über die Menschenrechte wachen muss, hat Frankreich eine Abmahnung zukommen lassen. Es geht um erzieherische Maßnahmen, wie die Ohrfeige oder den Klaps auf den Po, was aus der Sicht der Straßburger Behörde unterbunden werden soll. Im Land der Revolution schließt man die Augen, wenn sie in einem „humanen Maß“ angewendet werden. Wer es bestimmt sind die Täter und das heißt in den meisten Fällen die Eltern. Schon da liegt die Krux! Für die einen genügt eine mildere Strafe, für die anderen kann es nicht schaden, wenn es weh tut. Ich spreche mich deshalb gegen jede Art von Gewalt im häuslichen Bereich aus, lehne sie absolut ab und das ohne Ausnahme, da ich weiß, dass sie Gegengewalt provoziert. Schon aus diesem Grund ist das totale Verbot für mich gerechtfertigt. Natürlich weiß ich auch, dass die Hand ausrutschen kann, aber ist das ein Argument für den Gesetzgeber, Milde zu zeigen? Nein, es ist feige sich an einem Schwächeren, und das sind die Kinder, auszulassen. Oft stehen andere Gründe im Vordergrund, wie Arbeits- oder Ehestress. Luft lassen kann nicht bedeuten, seine Kinder zu quälen!

Ich habe jahrelang in den Vorstädten Frankreichs gedreht und es mit zahlreichen Jugendliche zu tun gehabt, die außer Rand und Band wahren und kriminell wurden. Ich konnte auch einen Blick in ihre Familien werfen. Die Mühe, den Unterhalt der Sippe zu garantieren, hat oft die Atmosphäre verseucht so wie auch die Angst arbeitslos zu werden, was oft der Fall war. Die Ehen sind daran zerbrochen, aber da es nicht in Frage kam sich scheiden zu lassen, kam es zu einer latenten Gewalt, die die Kinder ausbaden mussten. Anstatt zu Hause zu bleiben, wurde „ihre Wohnung“ die Straße und dort galt es, sich zu bestätigen. Hier kam raus, was die Kids daheim erlebten: Schläge, Hiebe und vieles mehr noch. Man sollte nie irrtümlich glauben, dass so etwas nur in solchen Kreise passiert, denn auch in der dumpfen Umwelt des Bürgertums sind gleiche Phänomene zu beobachten. Hier geht es oft um eine geistige Verwahrlosung, unter der die Kinder sehr leiden und gerade da sind Übergriffe jeder Art leichter zu vertuschen, weil sie sich hinter einer respektablen Fassade verbergen. Kein Wunder, dass Pädophilie keine einzelnen Fälle sind!

Liebe Petra, ich setze mich für die Kinderrechte ein, weil ich weiß, dass sie nur mit einer adäquaten Behandlung für ein ganzes Leben Gleichgewicht bewahren können und oft stelle ich mir die Frage, wie Menschen zu Terroristen geworden sind. Immer wieder wurde ihnen Gewalt, mehr oder weniger bewusst, in die Wiege gelegt. Wenn wir den Versuch wagen sollten, trotz des Mistes, den wir heute erleben, die Welt zu verbessern, kann das nur bei den Kindern geschehen. Sie sollen lernen Respekt gegenüber anderen zu üben, auch wenn Abneigung im Spiel ist – das ist das wichtigste Merkmal einer guten Erziehung. Wenn die Eltern immer wieder ausrasten, können sie nicht erwarten, dass ihr Nachwuchs sich in der Gesellschaft anders benehmen wird.
Im diesen Sinne,

Pierre

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