US-Präsident Donald Trump kommt seinen Zielen näher, als die Rückschläge in der Symbolpolitik vermuten lassen. Kritiker messen Trumps Einwanderungspolitik gerne daran, ob er die Grenzmauer zu Mexiko baut oder wie Gerichte den Einreisebann für Menschen aus muslimischen Ländern bewerten.

Trump hatte eine härtere Grenzpolitik versprochen, die Behörden haben begonnen, sie umzusetzen. In den ersten 100 Tagen nach seinem Amtsantritt verhaftete die für Abschiebungen zuständige US-Polizeieinheit „ICE“ („Immigration and Customs Enforcement“) 41.300 Menschen, die sich illegal im Land befanden. Das sind 40 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des vergangenen Jahres. Jeder vierte Verhaftete hatte allerdings gar keinen kriminellen Hintergrund – dieser Anteil hat sich verdoppelt.

Dass die Polizeieinheit nicht nur die „Bad Hombres“ (Zitat Trump) verhaftet, hängt mit ausgeweiteten ICE-Befugnissen zusammen. Wie einst unter George W. Bush darf die Behörde wieder Arbeitsplatz-Razzien in Firmen oder auf Farmen durchführen. Bei dieser Gelegenheit greifen die Beamten oft auch jene undokumentierten Mitarbeiter – meist aus Ländern wie Mexiko und Lateinamerika – auf, die nicht auffallen und sich deshalb umso strenger an die Gesetze halten.

Zudem tauchen sie Berichten zufolge auch in der Nähe von Schulen und Kirchen auf – Orte, an denen sie zwar kein Zugriffsrecht haben, ihre Präsenz aber durchaus Unwohlsein auslöst. Es ist unbestreitbar, dass das Klima für die geschätzt elf Millionen Menschen ohne Papiere rauer wird.

Ein Abschreckungseffekt durch härteres Vorgehen ist durchaus Teil der Strategie, seit Jahren propagieren Teile der Republikaner die Idee der „Selbstabschiebung“: Wenn die Lebensumstände für die „Illegales“ immer schwieriger werden, kehren nach dieser Theorie viele freiwillig in die Heimat zurück.

Einige „Ilegales“ gehen nicht mehr zur Arbeit oder nehmen nur noch Aufträge außerhalb von Latino-Vierteln an, um nicht zufällig aufgegriffen zu werden. Anekdotischen Berichten zufolge haben einige Eltern ihre Kinder aus der Schule genommen, andere werden nach dem Unterricht von Verwandten abgeholt, die amerikanische Staatsbürger sind. Besitzer von Farmen in Kalifornien und Florida melden, dass sich in diesem Jahr deutlich weniger Erntehelfer als sonst bewerben.

Weil viele Familien für den Fall einer Abschiebung Geld ansammeln, leidet in den Großstädten auch die Wirtschaft in den Vierteln der Hispanics. Zwischen einem Drittel und der Hälfte ist das Geschäft eingebrochen, erklärt die hispanische Handelskammer von Kansas City (Financial Times). Ein Drittel der Latinos sagt, die Situation habe sich im Vergleich zum vergangenen Jahr verschlechtert – so viele wie seit fünf Jahren nicht mehr.

An der südlichen Grenze der USA hat sich die Lage verändert, derzeit werden dort deutlich weniger Menschen als zuletzt aufgegriffen. Der „Trump-Effekt“ ist jedoch nur schwer zu bemessen, weil es eine Dunkelziffer unerkannter Grenzübertritte gibt, die bei der Aussicht auf direkte Abschiebung ohne Chance auf Asylverfahren steigt. Allerdings hat die Zahl der Asylsuchenden aus Mittelamerika zugenommen, die nun versucht, in Mexiko zu bleiben. Die Preise der „Coyotes“ genannten Menschenschmuggler, die häufig für die mexikanischen Drogenkartelle arbeiten, haben sich in den vergangenen Monaten fast verdoppelt.

Politisch basteln die Republikaner an weiteren Bausteinen für eine härtere Einwanderungspolitik. Vergangene Woche beriet der Justizausschuss im Repräsentantenhaus über ein verschärftes Grenzschutzgesetz. Der unerlaubte Grenzübertritt gilt bislang als Ordnungswidrigkeit, die nach fünf Jahren verjährt. Nun soll er zu einer Straftat erklärt und mit Gefängnis von bis zu 20 Jahren bestraft werden. Die Zahl der Deportationen ging unter Trump, anders als die Zahl der Festnahmen, bislang nicht nach oben.

Ideen, die aus der Mode waren, haben wieder Konjunktur: Lobbyorganisationen wie „American Children First“ wollen Bürgerentscheide darüber, ob Kindern ohne Staatsbürgerschaft künftig die Schulbildung verweigert werden darf. Bislang gibt es dafür selbst unter Republikanern keine Mehrheit, auch Gerichte dürften solche Anliegen kritisch bewerten. Angesichts fortgesetzter Haushaltskürzungen dürften allerdings gerade in konservativen Staaten kontroverse Debatten darüber anstehen, welche Rechte und Leistungen illegalen Einwanderern verwehrt werden könnten.

Ein böses Omen für einen demokratischen Staat …