Das britische Boulevardblatt „Sun“ hat ein historisches Video veröffentlicht, in dem die heute 89-jährige Queen als kleines Mädchen die Hand zum Hitlergruß hebt – ebenso ihre Mutter und ihr Onkel.
Der 17 Sekunden lange Schwarz-Weiß Film soll 1933 oder 1934 aufgenommen worden sein. Darin ist die Queen zu sehen, wie sie mit ihrer Schwester Margaret, ihrer Mutter Elizabeth und ihrem Onkel, dem späteren König Edward VIII. spielt. Sie stehen im Garten von Schloss Balmoral in Schottland. Zu Beginn spielt die Lilibet genannte Prinzessin mit einem Hund und winkt. Dann dreht sie sich zu ihrer Mutter um, die mit gestrecktem rechten Arm den Hitlergruß zeigt, und imitiert die Geste. Die Mutter streckt ein zweites Mal den Arm, Edward zeigt den Gruß ebenfalls. Die kleine Margaret, damals etwa drei Jahre alt, winkt und streckt dann ebenfalls den Arm, allerdings den linken. Am Ende sind Elizabeth und Margaret in Großaufnahme zu sehen. Ton gibt es nicht.
In Großbritannien hat der Film eine Diskussion darüber ausgelöst, wie das Königshaus mit seiner Vergangenheit umgeht. „Die königliche Familie kann ihre eigene Geschichte nicht ewig leugnen“, meint Karina Urbach, beschäftigt am Institut für Geschichtsforschung der Londoner Universität.
Das sei Zensur, wird gesagt. Edward wurde im Januar 1936 britischer König und dankte bereits im Dezember des selben Jahres wieder ab, weil er die geschiedene Amerikanerin Wallis Simpson heiraten wollte. Zahlreiche Historiker haben ihm bereits Sympathien für die Nationalsozialisten vorgeworfen. Es gibt Fotos von 1937, die das Paar gemeinsam mit dem Diktator Adolf Hitler in München zeigen. Die „Sun“ betonte, die Veröffentlichung richte sich nicht gegen Elisabeth II., sie gäbe jedoch „faszinierende Einblicke“ in das Weltbild Edwards.
Es hieß auch, man wolle der königlichen Familie nicht schaden. Eins vorab: die Verbrechen der Nationalsozialisten sind auf Schwerste zu verurteilen. Darüber dürfte Einigkeit bestehen. Wenn man der königlichen Familie nicht schaden wollte, Frage: Warum hat man das Video überhaupt herausgekramt?! Private Bilder von vor acht Jahrzehnten. Eigentlich geht das keinen etwas an! Es ist immer wieder das gleiche Problem: die Nachkriegsgeneration wirft der Kriegsgeneration vor, warum sie nichts getan habe. 1933 war Hitler eine skurrile Persönlichkeit, exaltiert, wurde teilweise verlacht. Tatsache ist, man hat diese Person maßlos unterschätzt. Neville Chamberlains Appeasement-Politik bereitete selbst fünf Jahre später den Nazis noch wesentliche Vorteile.
Von dem, was kommen würde, hatte niemand eine Ahnung. Es überstieg die übelsten Alpträume. Der Hitlergruß war damals üblich. Man hatte sich in dem Film einen familiären Spaß erlaubt, die Königin und ihre Schwester waren Kinder! Wollen wir wirklich heute allen alten Menschen vorwerfen, dass sie damals als Kinder den Hitlergruß machten und sie damit beschuldigen, Nazis gewesen zu sein?! Wer in die demokratische Freiheit hineingeboren ist, hat gut schimpfen. Messen wir die damalige Zeit nicht an heutigen Maßstäben. Auch für die Queen muss historische Gerechtigkeit gelten.
Um einmal den Spieß umzudrehen: Haben nicht alle, inklusive die Geheimdienste, bei den NSU-Morden in verschiedenen Großstädten Deutschlands in der Zeit von 2000 bis 2006 „geschnarcht“, unter Umständen gar weggeschaut?! Die Verantwortung der jungen Generation kann nicht die Änderung der Geschichte sein. Das ist unmöglich. Was geschehen ist, ist geschehen. Für uns gilt es jedoch zu verhindern, dass solche Verbrechen wie damals jemals wieder geschehen. Und da haben wir in der Zeit von 2000 bis 2006 grenzenlos versagt.
Wer im Glashaus sitzt sollte nicht mit Steinen werfen.
Und was die Berichte über die Queen angeht: beste Grüße vom „Sommerloch“!
© Thomas Dietsch