Liebe Petra,
mit meinem Freund Georg hatte ich vor einigen Tagen ein Gespräch, in dem es um den Begriff „Freiheit“ ging. Ich betrachte sie als einer der größten Lügen der Menschheit und will versuchen dir zu erklären warum. Schon aus unserer Physiologie sind wir total abhängig. Wenn es kein Futter gibt, gehen wir ein, egal ob wir hoch und heilig behaupten, dass der Mensch seinen Willen durchsetzen kann. Ohne Flüssigkeit ist nur Dürre angesagt und dies bedeutet, wie es uns die Western gelehrt haben, den Tod. Ich weiß nicht, ob du versuchst hast im Winter nackt in der Gegend herum zu flanieren? Ich würde es dir nicht raten, denn hier werden uns die Grenzen unseres Wirkens demonstriert. Du wirst mir sagen, dass jeder frei ist, sich eine Lungenentzündung mit letalen Folgen einzuholen, aber macht das wirklich einen Sinn, um eine fragliche These zu belegen? Für mich ist das Leben eine Folge von Verpflichtungen, die ich aus welchem Grund warum auch immer, verfolgen muss. Ich könnte zwar behaupten, dass mir alles scheißegal ist, aber auch hier ist das eine Halbwahrheit. Ohne die Mitwirkung von anderen verkomme ich und das würde bedeuten, dass ich letztendlich, trotz guter Absicht, auf der Strecke bleiben würde. Und wenn der Darm ruft, kann ich ihm schlecht sagen „Verpisse dich!“ Hartnäckig wie er halt ist, zwingt er mich, das zu tun, was ich ohne Zeitung nicht machen will: auf den Topf gehen. Leute, ist das die so hochgelobte Freiheit?
Wenn die Politik von der Freiheit spricht, ist das pervers. Es geht vor allem darum, sich eine freie Fahrt zu garantieren, wenn es um die Unterdrückung geht. Das Wohle des Volkes? Das ich nicht lache. Die Lackaffen, die uns den richtigen Weg zeigen wollen, denken zuerst an ihr eigenes Ego. Je mehr Macht sie ausüben, desto freier fühlen sie sich. Das ist die Realität, liebe Petra, auch wenn es in dieser Herde von schwarzen Schafen einige Ausnahmen gibt. Wenn sie in unserer Demokratie von freier Wahl sprechen, habe ich einen bitteren Nachgeschmack. Der Bürger ist ein ferngesteuertes manipuliertes Wesen, das nur das nachplappert was ihm im Laufe einer Gehirnwäsche eingetrichtert wird und das nennt man Freiheit? Ich erkenne sehr wohl, dass ich zu dieser Spezies von gebeutelten „Möchte-gern-Demokraten“ gehöre, die die Illusion haben, noch etwas bewirken zu können, sonst würde ich nicht schreiben. Ich muss erkennen, dass mir die Hände gebunden sind. Wenn die Kohle abebbt, könnte ich dicht machen. Die Katastrophe! Und was mache ich? Ich arrangiere mich, indem ich mich der Lüge bediene und wie ein Papagei ständig wiederhole: „Pierre, du bist ein freier Mensch!“ Das schlimmste dabei ist, dass ich fest daran glaube. Ein blindes Verhalten, dass ich umgehend ausschalten sollte. Aus Bequemlichkeit mache ich das aber nicht!
Ich würde noch einen Schritt weiter gehen und behaupten, dass die Freiheit ein Instrument ist, das die Sklaverei fördert. Millionen von Menschen werden unter unserem Himmel von der Arbeitswelt total verarscht. Man gibt ihnen die Illusion, dass sie selbstständig handeln können, das Gegenteilige ist der Fall und das erinnert mich an das schreckliche Wort am Eingang der KZ: „Arbeit macht frei!“ Wenigstens ist das ehrlich und kann nur den Tod bedeuten, nicht die Verwirklichung, die man uns einreden will. Gott hat die Ameisen geschaffen, um uns zu zeigen, wie es uns ergeht. Wir verfolgen die Massen ohne uns die Frage zu stellen, was mit uns geschieht. Eigentlich tanzen wir um das goldene Kalb, in der Hoffnung, dass er weiter so leuchten wird und dass wir uns damit fesseln, soll der Konsum widerlegen. Wenn die Freiheit bedeutet, sich voll zu fressen, kann ich sie auch auskotzen, aber das ist in unseren Städten verpönt. Das tut man doch nicht, auch nicht an der Säule der Freiheit zu urinieren. Sollte ich gegen den Strom schwimmen wollen, bedeutet es in einem Nu vom Wirbel weggerissen zu werden, warum sollte ich das tun? Um eine Schar von Idioten zu überzeugen, dass sie Idioten sind? Ich nehme mir die Freiheit, dies nicht zu tun!
In diesem Sinne
und alles Liebe
Pierre
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