Für die Verteidigungsministerin war es ein schweres Jahr 2022: Es herrscht Krieg und dann folgte noch eine Panne nach der nächsten. Schon lange wurde in Berlin gemunkelt, dass Christine Lambrecht nicht bis Ende der Legislaturperiode im Amt bleiben werde. Jetzt der Rücktritt:
Über die Gründe gibt es keine offiziellen Details, allerdings kann man es sich schon denken. Bei ihrer jüngsten Panne hatte sie das Video zu Silvester gedreht, in dem sie über das schreckliche Kriegsjahr sprach – während die Stadt offenbar im Hintergrund am Feiern war. Im Anschluss hat die CDU ihren Rücktritt gefordert – und auch
innerhalb der Koalition war man wohl mit der Ministerin unzufrieden. Das war nur die letzte in einer Reihe von Pannen, zudem wurde immer wieder ihre Kompetenz im Amt kritisiert. Von der international belächelten Ankündigung einer Lieferung von 5.000 Schutzhelmen an die Ukraine über ein Foto des Sohnes auf Tour im
Militärhubschrauber bis hin zu dem bizarren Neujahrsvideo vor der Kulisse des Berliner Silvesterfeuerwerks mit der Aussage „Mitten in Europa tobt ein Krieg“. Zum Schluss war es zu viel des Guten …
Kaum jemand hatte die Politikerin für ein dieses Amt auf dem Schirm, bevor Lambrecht im Dezember 2021 ihre Ernennungsurkunde erhielt. Zwar war sie im letzten Kabinett von Angela Merkel Bundesjustizministerin gewesen, hatte sich dann aber – zu einem Zeitpunkt, als ein SPD-Wahlerfolg noch als unwahrscheinlich galt – entschieden, nicht mehr für den Bundestag zu kandidieren. Damit galt Lambrecht nach mehr als 20 Jahren im Berliner Politikbetrieb praktisch als Aussteigerin. Als sich das Blatt nach internem Streit, Pleiten, Pech und Pannen bei der Union und ihrem Spitzenkandidaten Armin Laschet zugunsten der SPD wendete, kam man auf Lambrecht zu. Eine kompetente Polit-Managerin wurde gesucht für ein Amt, das gemeinhin als Schleudersitz gilt. Lambrecht wäre viel lieber Innenministerin geworden; so sagte sie einmal …
Dass viele Probleme in der Bundeswehr ihren Ursprung im Sparkurs der Merkel-Jahre haben und Minister der Union dafür die Weichen gestellt haben, betonten Politiker aus der Ampel-Koalition immer wieder, wenn die Kritik aus CDU und CSU an Lambrecht lauter wurde. Der Kanzler muss jetzt ganz schnell die Nachfolge regeln. Dass es eine Frau sein wird, hat er selbst entschieden, dass es eine Sozialdemokratin bleiben muss, steht außer Frage: Grüne und Liberale treiben ihn schon genug, da wäre es „mehr als dumm“ (deutschlandfunk.de), dieses Schlüsselministerium über eine Kabinettsumbildung aus der Hand zu geben. Die Wehrbeauftragte des Bundestages wäre die wohl beste Wahl. Eva Högl ist kompetent, genießt das Vertrauen der Soldaten, kennt die Missstände. Mit der Forderung nach einer Verdreifachung der Bundeswehrausgaben hat sie pünktlich zum Wochenende ein Bewerbungsschreiben vorgelegt. Und: Sie muss sich nicht erst einarbeiten. Wenn die NATO die Tage in Ramstein berät, wird Deutschland seinen Leopard freigeben müssen. Da braucht Scholz eine Ministerin, die einen erzwungenen Kurswechsel gegenüber der Bevölkerung und gegenüber der eigenen Partei verteidigen kann. Es gibt kein zurück. Es braucht einen überzeugenden Neuanfang!