Ein Angriffskrieg in Europa? Was einem Großteil des Kontinents als nicht mehr
möglich erschien, ist seit dem 23. Februar bittere Realität. Der russische Präsident
Wladimir Putin führt Krieg gegen die Ukraine. Gegen ein Land, in dem viele
Russinnen und Russen Verwandte und Bekannte haben. Gegen ein Land, das eine
große russischsprachige Bevölkerung hat.
1993 unterzeichnete die Ukraine ein Abkommen mit Russland, in dem sie auf ihre
Ansprüche auf die Sprengköpfe und die Schwarzmeerflotte verzichtete (die
geschwächte Flotte befand sich nach der Auflösung der Sowjetunion auf dem
ukrainischen Territorium der Krim) und im Gegenzug 2,5 Milliarden Dollar für den
Erlass von Gas- und Ölschulden und künftige Lieferungen für ihre Kernkraftreaktoren
erhielt. Der Beitritt des Landes zum Vertrag über die Nichtverbreitung von
Kernwaffen war jedoch ein Verhandlungsprozess, der drei Jahre dauerte und im
Budapester Memorandum gipfelte.
Wladimir Putin brach den Vertrag erstmals 2014 mit der Annexion der Krim und
verletzte damit die Souveränität der Ukraine. Putin behauptete, sein Handeln sei
gerechtfertigt, und bezeichnete die ukrainische Situation als eine Revolution. Dieses
Jahr behauptet er, dass russische Truppen die Ukraine „entnazifizieren“ müssten,
obwohl Wolodymyr Selenskyj jüdischer Herkunft ist und in einer Wahl mit 70 Prozent der Stimmen gewählt wurde.
Die Souveränität der Ukraine und ihre Grenzen sind international anerkannt – auch
von Russland. Das belegen verschiedene internationale Abkommen, die online
zugänglich sind. Experten für internationale Beziehungen und Völkerrecht bestätigen
zudem (afp.com), dass Staaten ihre Grenzen nicht registrieren lassen müssen.
Artikel 2 des Memorandums enthält die Verpflichtung seitens der USA, Frankreich,
Russland und Großbritannien auf Gewalt bzw. auf die Androhung von Gewalt zu
verzichten. Keine Waffen dürfen jemals gegen die Unterzeichnerstaaten eingesetzt
werden, außer zur Selbstverteidigung oder anderweitig in Übereinstimmung mit der
Charta der Vereinten Nationen. Im Artikel 3 wurde auch auf jeglichem ökonomischen
Zwang verzichtet (atomwaffena-z.info).
Die Grenzen der Ukraine wurden von Russland in mehreren internationalen
Vereinbarungen anerkannt – unter anderem im Budapester Memorandum von 1994.
Wirtschaftlich blieb die Ukraine auch nach ihrer staatlichen Unabhängigkeit abhängig
von Russland, doch politisch suchte Kiew immer stärker die Nähe zur Europäischen
Union und zur NATO. Einen ersten Höhepunkt erreichte diese Entwicklung mit der
Orangenen Revolution 2004, in deren Folge die Ukrainer den pro-westlichen
Kandidaten Viktor Juschtschenko zu ihrem Präsidenten wählten.
Es ist interessant zu sehen, wie viel über angebliche Zusagen der NATO an Russland
– es handelt sich um eine Rede des damaligen NATO-Generalsekretärs Manfred
Wörner vom 17. Mai 1990 – (behoerden-spiegel.de, 14.02.2022) geschrieben und
gesprochen wird, obwohl die NATO-Osterweiterung keinerlei direkten
Zusammenhang zur Ukraine besitzt. Und wie wenig das Budapester Memorandum in der Diskussion Gehör findet, obwohl es direkte Zusagen Russlands an die Ukraine beinhaltet.

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