Der Präsident selbst geht mit gutem Beispiel voran: Im russischen Staatsfernsehen ist zu sehen, wie Wladimir Putin seine Stimme bereits am ersten der drei Wahltage abgibt – und zwar an seinem Schreibtisch sitzend, an seinem Computer.

In Russland wird ein neues Parlament gewählt. Bis Sonntag können die über 110 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme abgeben. Präsident Wladimir Putin rief im Vorfeld dazu auf, von dem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Ich zähle auf Ihr bürgerliches Gefühl für Verantwortung, Ausgewogenheit und Patriotismus, auf Ihr Streben, Abgeordnete zu wählen, die für das Wohl und im Namen unseres geliebten Russlands arbeiten werden“ (tagesschau.de).

Anfang des Jahres hatten in Russland große Proteste, organisiert vom Team des berühmten Putin-Kritikers Alexej Nawalny, Hoffnung auf eine politische Veränderung in Russland gebracht. Doch die scheint mittlerweile erloschen. Schon seit Jahren häufen sich Berichte über Wahlbetrug und politische Repressionen und auch im Vorfeld dieser Wahl hat der Kreml oppositionelle Kandidaten rigoros ausgesiebt: Am gestrigen Freitag startete Russlands Wahlwochenende.

Die Regierungspartei Einiges Russland besitzt die gesamte Macht, das gesamte Geld und die gesamten Ressourcen des Landes und lässt der Opposition keine Chance. 2015 wurde der Businessman Viktor Kondraschow Bürgermeister von Irkutsk. Er holte sich vor der Wahl Unterstützung von der Kommunistischen Partei, weil diese aus irgendeinem Grund in Irkutsk besonders stark ist. Aber als er gewann, stellte die Regierung jegliche finanzielle Unterstützung ein und unsere Stadt stand plötzlich ohne Geld da. Also ist Kondraschow Einiges Russland beigetreten – und plötzlich regnete es Geld aus Moskau (zeit.de).

Russland gehört nach verschiedenen Schätzungen zu den vier korruptesten Staaten der Welt.

Dass dies heute mehr Russen stört als früher, ist auch das Verdienst von Regimekritikern, allen voran von Alexej Nawalny. In seinen millionenfach geklickten Internet-Videos erklärte der Oppositionelle, wie viel Geld dem russischen Steuerzahler durch Korruption verloren geht. Aktuell sitzt Nawalny eine Haftstrafe ab, in einem Verfahren, das viele Experten und westliche Regierungen als politisch motiviert ansehen.

Mit zusätzlichen Stimmen rechnet die Kreml-Partei offenbar in der Ostukraine. Nach Moskauer Angaben (dw.com) haben rund 600.000 Bürger der selbst ernannten prorussischen Separatisten-Republiken russische Pässe erhalten. Sie dürfen in den benachbarten Gebieten zur Wahl gehen und können auch online ihre Stimme abgeben. Wenige Wochen vor der Wahl gab es einmalige Zahlungen für Rentner und sogenannte Silowiki– Militärs und Mitarbeiter von Sicherheitsbehörden. Die Opposition sprach von einer Bestechung potentieller Wähler.

Putin eher kritisch gegenüber stehen die jungen Leute aus den urbanen Milieus. Sie haben nicht mehr die alte Sowjetunion erlebt und sind auch nicht durch die chaotischen 1990er Jahre traumatisiert – mit Hyperinflation und wirtschaftlichem Zusammenbruch. Sie sind relativ immun gegen staatliche Propaganda in Rundfunk, Fernsehen und Presse, weil sie diese Medien gar nicht mehr nutzen. Ihre Informationsquellen entspringen ausschließlich den sozialen Netzwerken.

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