Liebe Ordner, Pierre Mathias

ich beneide euch! Es muss spannend sein, das zu lesen, was bei euch abgelegt wird und wer behauptet, dass nur Unsinn abgeheftet wird, kann nur neidisch sein. Es sind oft staatstragende Dokumente, in denen unser Leben definiert wird und das nach Paragraphen. Was auf Papier gedruckt wird, gehört zur Ewigkeit, so die Vorstellung vieler bedeutender Langweiler. Ihr habt es erraten: ich möchte über das überdimensionale Gewicht der Verwaltung reden. Sie erstickt regelrecht unter den Vorschriften und niemand kann heute genau definieren, was manche Gesetze bewirken sollen. Nur ihr, liebe Ordner, habt ein Auge darauf. Gewiss, Ordnung muss sein, aber sie kann auch die Kreativität ersticken. Jedes System braucht eine gewisse Anarchie um bestehen zu können, sonst ist Sklerose angesagt. Ich kann mir schon vorstellen, dass ihr manchmal den Kopf schüttelt, wenn nur Unsinn in die Ablage wandert. Ein wenig so, wie all diejenigen, die alles bewahren wollen. Alte Zeitungsartikel, die niemanden mehr interessieren oder Steuererklärungen vom Jahr 1973 um nur ein Datum zu nennen. Schon längst verjährt, aber… man behält sie, weil es so in unserem Kopf verankert ist.

Ist Ordnung ein natürlicher Vorgang? Wer bestimmt überhaupt was Ordnung bedeutet? Eines steht fest, dass sie ohne Macht nicht vorhanden sein kann. Eine Diktatur stützt sich immer auf diese Wahrsagung, sie rechtfertigt somit die Unterdrückung. „Wir mussten eingreifen!“ Und wie ein Wunder handelt es sich immer um die Gegner, um die Andersdenkenden. Daher auch die Frage, ob die Ordnung als Waffe eingesetzt werden kann. Ja, ist die eindeutige Antwort und deshalb auch meine Bedenken. Schon in der Schule wird sie als Diktat vermittelt und das „Warum“ wird nicht beantwortet. Eines steht fest: der Staat braucht ordentliche Bürger, die nicht nachfragen. So gesehen kann die Ordnung politisch manipuliert werden und wenn die Justiz mitmischt, wird es immer fraglicher. Was vom Gesetz als unerschütterliche Vorlage geweiht wird, ist oft im christlichen Sinn illegal. Der Ordnungssinn eines Roland Freislers und sein Sondergericht ist der juristische Hebel zum Mord. Menschen wurden qualvoll hingerichtet, weil sie die NS-Ordnung nicht akzeptierten und an diesem Beispiel sieht man, wie man solch einen Begriff pervertieren kann.

Liebe Ordner, ich möchte euch euren Job nicht wegnehmen, aber ich könnte in bestimmten Fällen auf euch verzichten. Was ist wesentlich, was ist es nicht? Diese Frage kann fast nicht beantwortet werden. Das der Ordnungssinn sich mit der Zeit verändert, alles soll archiviert werden und was uns heute wichtig vorkommt, kann morgen als Lappalie betrachtet werden. Eine Unmenge von Daten überhäuft uns, der Computer sprengt alle Grenzen. Was bei euch, liebe Ordner, einen mühsamen Vorgang bedeutet, ist mit einem Klick im Rechner abzurufen. Eine globale Ordnungm die immer erstickender wird und wenn es so ist, ziehe ich das Chaos vor.

//pm

Link zum Thema Ordnung:

http://de.wikipedia.org/wiki/Ordnung

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