Nachdem Italiens bisheriger Ministerpräsident Giuseppe Conte mit dem Versuch gescheitert ist, seine auseinandergebrochene Koalition wieder zu kitten, hat Staatspräsident Sergio Mattarella den früheren Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) am Mittwoch mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt.
Jetzt also Mario Draghi, der in Rom bei den Jesuiten zur Schule ging.
Er studierte anschließend Ökonomie bei Federico Caffè, dem seinerzeit prominentesten Keynesianer unter Italiens Wirtschaftswissenschaftlern. Seine Abschlussarbeit widmete er den damals aufgekommenen Plänen für eine europäische Währungsunion – in Draghis Augen waren sie verfrüht. Anschließend promovierte er am Massachusetts Institute of Technology in Boston, wurde dann, gerade erst 28 Jahre alt, Ökonomieprofessor in Italien.
In Italien hat man ein Faible für politische Wunderheiler (welt.de), die nach ihrer Inthronisierung vom politischen Fachpersonal der Parteien dann in der Regel systematisch demontiert werden. Dieses Mal ist es aber erstaunlich, wie schnell ein fast alle Parteien umfassender Konsens entstand, dass Draghi genau der Richtige sei.
Auf den ersten Blick ist Draghi auch jetzt ein kleines Wunder gelungen. Mit Ausnahme der faschistischen Fratelli d’Italia (FdI) haben sich alle Parteien positiv zu seiner Nominierung durch den Staatspräsidenten geäußert. Das ist deswegen erstaunlich, weil damit schlagartig die jahrelange Polarisierung der politischen Landschaft im Ansatz überwunden zu sein scheint. Die bisherige Regierung wurde im Wesentlichen von der linken Demokratischen Partei und der populistischen Bewegung Fünf Sterne getragen.
Zwei große Aufgaben stehen an: die Impfungen zu beschleunigen – und die mehr als 200 Milliarden Euro, die Italien an Hilfsgeldern aus dem Corona-Hilfsfonds zustehen, sinnvoll auszugeben. Das wird kein Selbstläufer: Ein nationales Programm, das den EU-Vorgaben entspricht, muss her, und zwar schnell; ab Sommer sollen die Mittel ausgegeben werden. In der Vergangenheit tat sich Italien stets schwer damit, EU-Mittel zügig abzurufen.
Als EZB-Chef holte Mario Draghi die „Dicke Berta“ (manager-magazin.de) heraus und flutete die Eurozone solange mit Zentralbankgeld, bis sich schließlich ein Aufschwung verfestigte. Ohne sein manchmal eigenmächtiges Handeln wäre die Eurozone vermutlich längst auseinandergebrochen. Als römischer Premier steht er nun vor einer schwierigeren Aufgabe: Italiens tiefsitzende Probleme haben nicht nur mit Geld zu tun; seit langem spielt sich in dem Land eine Tragödie in Zeitlupe ab. Hartnäckiges ökonomisches Siechtum …
Italien hat anderthalb üble Jahrzehnte hinter sich. Bis Mitte der 2000er Jahre lag das Wohlstandsniveau in etwa auf deutschem Niveau. Seither geht die Entwicklung rapide auseinander.
Wenn man die Entwicklung der Vergangenheit fortschreibt, lässt sich Italien leicht als europäisches Argentinien porträtieren – als ein Land mit einer großen Vergangenheit und einem immer noch hohen Lebensstandard, dessen Wohlstand aber über lange Zeiträume immer weiter bröckelt, dessen Politiker sich auf eitle Machtspiele statt auf Problemlösungen verlegt und sich viele Bürger in der Misere eingerichtet haben. Begleitet würde dieses Szenario von gelegentlichen Staatspleiten und diversen Euro-Krisen.
Doch so schlimm muss es nicht kommen. Es gibt keine Zwangsläufigkeiten in der Wirtschaftsgeschichte.
Nachdem Italiens bisheriger Ministerpräsident Giuseppe Conte mit dem Versuch gescheitert ist, seine auseinandergebrochene Koalition wieder zu kitten, hat Staatspräsident Sergio Mattarella den früheren Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) am Mittwoch mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt.
Jetzt also Mario Draghi, der in Rom bei den Jesuiten zur Schule ging.
Er studierte anschließend Ökonomie bei Federico Caffè, dem seinerzeit prominentesten Keynesianer unter Italiens Wirtschaftswissenschaftlern. Seine Abschlussarbeit widmete er den damals aufgekommenen Plänen für eine europäische Währungsunion – in Draghis Augen waren sie verfrüht. Anschließend promovierte er am Massachusetts Institute of Technology in Boston, wurde dann, gerade erst 28 Jahre alt, Ökonomieprofessor in Italien.
In Italien hat man ein Faible für politische Wunderheiler (welt.de), die nach ihrer Inthronisierung vom politischen Fachpersonal der Parteien dann in der Regel systematisch demontiert werden. Dieses Mal ist es aber erstaunlich, wie schnell ein fast alle Parteien umfassender Konsens entstand, dass Draghi genau der Richtige sei.
Auf den ersten Blick ist Draghi auch jetzt ein kleines Wunder gelungen. Mit Ausnahme der faschistischen Fratelli d’Italia (FdI) haben sich alle Parteien positiv zu seiner Nominierung durch den Staatspräsidenten geäußert. Das ist deswegen erstaunlich, weil damit schlagartig die jahrelange Polarisierung der politischen Landschaft im Ansatz überwunden zu sein scheint. Die bisherige Regierung wurde im Wesentlichen von der linken Demokratischen Partei und der populistischen Bewegung Fünf Sterne getragen.
Zwei große Aufgaben stehen an: die Impfungen zu beschleunigen – und die mehr als 200 Milliarden Euro, die Italien an Hilfsgeldern aus dem Corona-Hilfsfonds zustehen, sinnvoll auszugeben. Das wird kein Selbstläufer: Ein nationales Programm, das den EU-Vorgaben entspricht, muss her, und zwar schnell; ab Sommer sollen die Mittel ausgegeben werden. In der Vergangenheit tat sich Italien stets schwer damit, EU-Mittel zügig abzurufen.
Als EZB-Chef holte Mario Draghi die „Dicke Berta“ (manager-magazin.de) heraus und flutete die Eurozone solange mit Zentralbankgeld, bis sich schließlich ein Aufschwung verfestigte. Ohne sein manchmal eigenmächtiges Handeln wäre die Eurozone vermutlich längst auseinandergebrochen. Als römischer Premier steht er nun vor einer schwierigeren Aufgabe: Italiens tiefsitzende Probleme haben nicht nur mit Geld zu tun; seit langem spielt sich in dem Land eine Tragödie in Zeitlupe ab. Hartnäckiges ökonomisches Siechtum …
Italien hat anderthalb üble Jahrzehnte hinter sich. Bis Mitte der 2000er Jahre lag das Wohlstandsniveau in etwa auf deutschem Niveau. Seither geht die Entwicklung rapide auseinander.
Wenn man die Entwicklung der Vergangenheit fortschreibt, lässt sich Italien leicht als europäisches Argentinien porträtieren – als ein Land mit einer großen Vergangenheit und einem immer noch hohen Lebensstandard, dessen Wohlstand aber über lange Zeiträume immer weiter bröckelt, dessen Politiker sich auf eitle Machtspiele statt auf Problemlösungen verlegt und sich viele Bürger in der Misere eingerichtet haben. Begleitet würde dieses Szenario von gelegentlichen Staatspleiten und diversen Euro-Krisen.
Doch so schlimm muss es nicht kommen. Es gibt keine Zwangsläufigkeiten in der Wirtschaftsgeschichte.