Der 9. November: so zwischen Allerheiligen und Weihnachten. Früher gab es in den meisten Bundesländern noch den Buß- und Bettag. Für die meisten ein Arbeitstag wie jeder andere. Manche erinnern sich vielleicht noch, dass da mal mit der Mauer in Berlin etwas war … Ja, und?! Wollen doch mal nachsehen.

Fangen wir doch mal mit der Mauergeschichte an. Ja, friedliche Revolution in der DDR am 9. November 1989. Eine der wenigen Revolutionen, die unblutig abgelaufen sind. Was noch abgelaufen war, war die Uhr der DDR und von deren Regime. Zur deutschen Wiedervereinigung kam es dann am 3. Oktober 1990. Der 3. Oktober löste hiermit auch den 17. Juni als Tag der Deutschen Einheit ab. Viele wollten den 9. November als neuen Nationalfeiertag, das war ernsthaft im Gespräch. Man hat sich aber dann doch anders entschieden. Warum?

Nun, es gab gute Gründe. Am 9. November 1938 klirrten nachts Scheiben von Häusern, jüdische Geschäfte und Einrichtungen wurden verwüstet, Synagogen gingen in Flammen auf. Die Täter? SS- und SA-Angehörige, meist in Zivilkleidung, begannen, die Hetzjagd auf Mitbürger jüdischen Glaubens zu initiieren. Diese Nacht, auch heuchlerisch „Reichskristallnacht“ genannt, war der Anfang einer Kette von Verbrechen der Nationalsozialisten, welche in den nächsten sieben Jahren Millionen von Menschen das Leben kosten sollten. Man tat meines Erachtens gut daran, 1990 die Erinnerung an diese Nacht nicht durch einen Feiertag, das positive Ereignis der Wiedervereinigung betreffend, zu verdrängen.

Apropos Nazis! Am 9. November 1923 gab des den sogenannten „Marsch auf die Feldherrenhalle“ in München. Anders, etwas sachlicher ausgedrückt, spricht man auch vom „Hitler-Ludendorff-Putsch“. Ein Versuch eines Staatsstreichs, der scheiterte und bei dem sechzehn Todesopfer zu beklagen waren. Mit diesem Putschversuch traten die Nationalsozialisten erstmals ins Licht der internationalen Öffentlichkeit. Hitler gelang zunächst die Flucht in einem Sanitätswagen. Er wurde zwei Tage später am 11. November in Uffing am Staffelsee verhaftet und in der Haftanstalt Landsberg am Lech inhaftiert. Das Volksgericht in München verurteilte ihn am 1. April 1924 wegen Hochverrats zu fünf Jahren Festungshaft, attestierte ihm und den Mittätern jedoch eine „ehrenhafte Gesinnung“. Noch im Dezember 1924 wurde Hitler vorzeitig auf Bewährung entlassen. Aus moderner Sicht muss man feststellen, wie erschreckend gering damals das demokratische Verständnis des Justizapparates der Weimarer Republik so kurz nach der Kaiserzeit war. Auch hatte man mit der vorzeitigen Entlassung Hitlers den schweren Fehler begangen, zudem ein falsches Signal zu setzen, nämlich dass die Putschisten aus patriotischen Motiven gehandelt hätten. So wurde schon damals der Weg für die Zeit von 1933 bis 1945 geebnet …

Wir sind noch nicht am Ende: 9. November 1918. Das Kaiserreich hat den Ersten Weltkrieg verloren. Novemberrevolution! Reichskanzler Max von Baden verkündet die Abdankung von Kaiser Wilhelm II. (seine Majestät weiß zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass er abgedankt hat. Erst am 11. November, dem Tag der Unterzeichnung des Waffenstillstands, geht Wilhelm II. ins Exil in die Niederlande. Am 28. November schließlich fertigt er dann die offizielle Abdankungsurkunde aus). Friedrich Ebert wird mit den Amtsgeschäften betraut. Zu der Bekanntgabe der noch nicht erfolgten Abdankung des Kaisers werden dann im allgemeinen Chaos noch politische Wünsche hinsichtlich der zukünftigen Staatsform des Reiches proklamiert: Philipp Scheidemann ruft von einem Fenster des Reichstagsgebäudes die „Deutsche Republik“ aus. Am selben Tag, einige Stunden später, verkündet Karl Liebknecht vom Berliner Stadtschloss aus die „freie sozialistische Republik Deutschland“.

Zum Schluss noch eine Frage: Wer kennt Robert Blum? Nein, der wurde nicht bei einer Show gecastet! Blum, 1807-1848, war ein deutscher Dichter, Politiker, Verleger und Publizist in den Jahren vor und während der Märzrevolution 1848. Er war Abgeordneter in dem als Folge der Revolution entstandenen ersten demokratisch gewählten gesamtdeutschen Parlament, der Frankfurter Nationalversammlung. Während der zweiten Revolutionsphase nahm Blum beim Oktoberaufstand 1848 auf der Seite der Revolutionäre an der Verteidigung Wiens gegen die kaiserlich-königlichen Truppen teil und wurde nach der Niederschlagung des Aufstands verhaftet und am 9. November 1848 standrechtlich erschossen. Hiermit wurde damals die parlamentarische Immunität Blums durch die Militärführung im Dienst des österreichischen Kaiserhofs gebrochen. Die Hinrichtung Blums markiert den entscheidenden Wendepunkt in der Entwicklung der Deutschen Revolution von 1848/49 als Anfang vom Ende dieser Revolution.

Nun, viel Geschichte, was den 9. November angeht. Die Bundestagswahl war im September diesen Jahres, bis Dezember soll die demokratisch legitimierte Regierung für die nächsten vier Jahre stehen. Zurzeit werden wir durch eine Interims- oder auch geschäftsführende Regierung geleitet. Zum Beispiel durch einen Außenminister, der zwar nicht mehr im Parlament Platz nehmen darf (nur auf den Zuschauerrängen), weil dessen Partei in jenes nicht mehr einziehen durfte. Aber er hat zugleich immer noch die Kompetenz, den amerikanischen Botschafter wegen der NSA-Abhör-Affäre einzubestellen.

Bin ja mal gespannt, was die Geschichte über den 9. November 2013 erzählen wird …

© Thomas Dietsch

 

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