In Tegel schnurrte die längst wiedervereinigte Millionenstadt Berlin immer ein bisschen zusammen aufs Format überschaubare Ferieninsel“ (nzz.ch) mit dem gefühlt einen Rollband, an dem man das Flugzeug verließ. Das passt zur Entstehungsgeschichte eines Flughafens, dessen Auftakt ein Notbehelf war zur Unterstützung der Luftbrücke während der sogenannten Berlin-Blockade: Vom 24. Juni 1948 bis 12. Mai 1949 unterbanden die Sowjets die Versorgung Westberlins über Land und Wasser, um die Westalliierten zur Aufgabe der inmitten der sowjetischen Besatzungszone eingeschlossenen Stadt zu zwingen.

Ab dem 5. August 1948 stampfte deshalb die französische Besatzungsmacht, die in Tegel ihren Militärflugplatz hatte, mit amerikanischer und deutscher Hilfe in nur neunzig Tagen einen neuen Flughafen aus dem Boden – mit 2.428 Metern war die Start- und Landebahn damals die längste Europas.

Über Arbeitskräftemangel konnten sich die Organisatoren wirklich nicht beklagen. Durch die Blockade mit ihren Folgen für die Wirtschaft hatten viele West-Berliner ohnehin nichts zu tun, waren dankbar, zu einem attraktiven Stundenlohn von 1,20 Mark nebst einer warmen Mahlzeit (tagesspiegel.de) neue Arbeit gefunden zu haben.

Weil sich die Sowjets weigerten, zwei im Weg stehende Sendemasten des von ihnen kontrollierten Berliner Rundfunks abzubauen, ließ der damalige Stadtkommandant des französischen Sektors, Jean Ganeval, sie flugs sprengen.

Die Ost-Presse versuchte das Projekt propagandistisch und durch Falschmeldungen zu stören – vergeblich: Bereits am 5. November, nach nur drei Monaten, schwebte der erste Rosinenbomber in Tegel ein, die C-54 Skymaster „Island of Maui“ der 19th Troop Carrier Squadron, im Frachtraum acht Tonnen Käse (suedkurier.de, 22.06.2018).

Eine solch spektakuläre Entwicklung kann der neue Flughafen BER nicht aufweisen; oder anders ausgedrückt: dessen Entwicklung ist auf andere Weise spektakulär! Wie alle kennen die Geschichte der nimmer endenden Baustelle, auf deren Rollbahnen schon das Gras wieder wuchs.

Kaum ein deutscher Flughafen polarisierte unter Vielfliegern so sehr wie Berlin-Tegel. Verfechter von Tegel schwärmten von der zentralen Lage und der ungewöhnlichen Sechseck-Architektur mit kurzen Wegen. Genau diese Merkmale brachten auch seine Kritiker vor. Verhedderte Schlangen, dichtes Gedränge und unzuverlässige Busse als einziges Nahverkehrsmittel bringen zu Stoßzeiten oftmals Chaos.

All diese Vorzüge und Nachteile werden schon sehr bald nur noch Erinnerungen sein. Knapp nach der Eröffnung des BER wird Berlin-Tegel am 08. November nach mehr als 70 Jahren für immer schließen. Unbestritten ist dabei eins: Der ehemalige Westberliner Flughafen wird auch außerhalb der deutschen Hauptstadt lange unvergessen bleiben.

Der Fall der Berliner Mauer und die deutsche Wiedervereinigung hatte auch für Berlin-Tegel große Folgen. Bereits der Regierungsumzug von Bonn nach Berlin sorgte für einen Anstieg der Passagierzahlen. Erstmals wurde es aber auch möglich, dass deutsche Fluglinien (aerotelegraph.com) Berlin-Tegel anfliegen durften.

Anekdote: Licht ausmachen wird in Tegel die Fluglinie, die es einst anmachte. Mit dem Flug AF1235 nach Paris-Charles de Gaulle wird Air France Tegel am 08. November als letzte Airline Adieu sagen.

Danke Tegel!

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