Liebe Zuhörer,Pierre Mathias

ja, ich habe es kapiert, ich werde mich kurz fassen und euch nicht mit zu vielen Banalitäten belästigen. Fällt mir schwer, weil mein Mundwerk nach Bewegung verlangt. Habt ihr schon einmal einen Redner erlebt, der das Maul nicht aufbringt und der schweigt? Ich nicht! Ich muss zugeben, dass, wenn die Reden zu lang sind, meine Augen zufallen, wie es bei vielen Abgeordneten im Bundestag der Fall ist. Eine lange Prosa scheint effektiver zu sein, als eine Schlafpille! Das kann aber zurzeit bei der Opposition nicht der Fall sein. Der Bürger hat ihre Redezeit auf ein Minimum verkürzt, aber in wenigen Minuten kann niemand effektiv eine These vorstellen. „Halten Sie sich kurz, lieber Kollege!“, „Ihre Redezeit ist abgelaufen!“. Sie sind verpflichtet, schnell und schneller zu sprechen – das klingt wie bei einem Maschinen-Gewehr, aber, liebe Zuhörer, anders geht es nicht! Was wäre mit Marx passiert, wenn er das „Kapital“ auf zehn Seiten hätte niederschreiben müssen? Dann hätten wir das Paradies auf Erden nicht so genussvoll erlebt.

Aus reiner Solidarität mit der Opposition und um einer gewissen Frau zu gefallen, werde ich mich verbal kastrieren. Der Rest bleibt wie es ist: wie bei einem Pfadfinder, immer hilfsbereit. Ich werde versuchen, große Gedanken in eine Readers Digest-Fassung zu konzentrieren, die Sätze zu hobeln und so zu gestalten, dass jeder Depp sie verstehen kann! Wenn ich schreibe „Ich liebe dich“, brauche ich nicht zu erwähnen, um wen es sich handelt und auch nicht den Grund, warum ich Amor verfallen bin. Die drei Wörter reichen bei weitem! Wenn ein Linker über die Regierung spricht, ist es für ihn total überflüssig zu sagen, dass er alles Mist fände was sie tut. Sein Sitzplatz im Reichstag ist der Beweis dafür. In diesem Sinn ist es besser die Klappe zu halten, als sich den Rachen mit großen Worten aufzureiben und deshalb beantrage ich, dass nur Taubstumme gewählt werden dürfen, das würde die demokratische Streitkultur bei weitem aufwerten.

Was? Ich habe nur noch 36 Sekunden um meine Gedanken zu Ende zu führen? Und was ist nun mit meiner Liebeserklärung? Soll ich sie im Klo entsorgen? Das würde euch schon gefallen, aber so leicht werde ich es euch nicht machen, liebe Zuhörer! Wenn ihr mir nicht die Gelegenheit gebt, sie lautstark auszudrücken, werde ich sie auf eine Fahne schreiben und sie am Brandenburger Tor aufhängen. Dort, bin ich sicher, dass sie nicht unbeachtet bleiben wird und besser das, als eine verwässerte Aussage, die ihr Ziel nicht erreicht. „Liebste, ich liebe dich, weil ich ohne Liebe ersticke!“ Das am Rednerpult im Bundestag zu verkünden wäre sinnlos! Warum? Weil taubstumme Abgeordnete es nicht mitkriegen würden.

Im diesen Sinn!

//pm
Link zum Thema Redezeit im Bundestag:
http://www.sueddeutsche.de/politik/redezeiten-im-bundestag-maechtig-ohne-mut-1.1841671>

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