Kurz vor einem erwarteten Abkommen zwischen den USA und den afghanischen Taliban hat Präsident Donald Trump Friedensgespräche mit Vertretern der islamistischen Miliz abgesagt. Trump gab völlig überraschend auf Twitter bekannt, dass ein Treffen mit den Taliban am Sonntag in Camp David hätte stattfinden sollen. Separat waren auch Gespräche mit dem afghanischen Präsidenten Ashraf Ghani geplant gewesen. Als Grund für die Absage nannte Trump den tödlichen Anschlag in der afghanischen Hauptstadt Kabul, bei dem am Donnerstag auch ein amerikanischer Unteroffizier ums Leben gekommen war. Ob dies das endgültige Aus für die Verhandlungen beider Seiten ist oder die Gespräche nur ausgesetzt sind, ist unklar.

Es war eines von Trumps großen Wahlkampfversprechen, Amerikas „endlose Kriege“ zu beenden. Zunächst bewilligte er allerdings im Sommer 2017 eine Verstärkung der Truppen in Afghanistan, nachdem das Pentagon wiederholt gewarnt hatte, dass bei einem Abzug nicht nur die Taliban die Kontrolle über Afghanistan zurückerobern würden, sondern auch der IS das Machtvakuum nutzen könnte, um sich im Land einzunisten.

Die Taliban müssten für für eine Fortführung der Gespräche aber ihre Haltung ändern und insbesondere einmal gemachte Zusagen dann auch einhalten (US-Außenminister Mike Pompeo, cnn.com). Die USA würden ihre Soldaten nur dann aus Afghanistan abziehen, wenn die Bedingungen dafür angemessen seien. Präsident Trump hatte ein geplantes Geheimtreffen mit Taliban-Anführern und dem afghanischen Präsidenten Ghani kurzfristig abgesagt und dies mit einem Bombenattentat in Kabul begründet, bei dem zwölf Menschen getötet wurden, darunter ein US-Soldat. Als Reaktion kündigten die Islamisten neue Gewalttaten an.
Das Ende der Gespräche werde unter anderem dazu führen, dass noch mehr US-Soldaten ihr Leben verlieren würden.

Trump verfolgt nach wie vor den Plan, die amerikanischen Truppen nach Hause zu holen. Damit der Truppenabzug nicht nach einer Niederlage aussieht und der militärische Einsatz der letzten 18 Jahre nicht umsonst gewesen ist, wollen die USA die Taliban mittels eines Abkommens zwingen, mit den Regierungstruppen über Frieden zu verhandeln.

Die Taliban wollen die Amerikaner aus dem Land haben. Sie verlangen zudem ein Ende der Nato-Operation „Resolute Support“. Im deren Rahmen versuchten Ausbilder, unter anderem 1.300 Deutsche, die Kampfstärke der afghanischen Armee zu erhöhen.

Trump ist wie ausgewechselt. Ging es ihm seit fast einem Jahr um den schnellstmöglichen Truppenabzug, heißt es plötzlich: „Wir sind nicht in Eile“ (SPON). Einen Zeitplan gäbe es nicht, versichert Trump jetzt. Die Hast der Amerikaner, einen schnellen Erfolg zu produzieren, hatte ihre Verhandlungsposition stark geschwächt. Die Taliban dagegen hatten Zeit und schienen ihre Forderungen durchzukriegen.

Trump muss aus den eigenen Reihen Druck erhalten haben, Afghanistan nicht im Chaos zu verlassen. Steuerzahlern und Veteranen ist es schwerlich zu erklären, wenn das Land künftig wieder von den Taliban regiert würde und damit quasi der Zustand von 2001 vor dem Einmarsch der USA wieder hergestellt sei. Der Verlust von Tausenden gefallenen Soldaten und einer Billion Dollar Steuergelder allein für militärische Ausgaben in diesem längsten Krieg der US-Geschichte (wikipedia.org) wären vergebens gewesen.

Dass Trump aus dem aggressiven Verhalten der Islamisten Konsequenzen zieht, stößt in Washington durchaus auf Zustimmung: Als Details des Vertragsentwurfs bekannt wurden, sahen Kritiker ihre Befürchtungen bestätigt, dass Trump Afghanistan im Zweifelsfall den Taliban überlassen würde, wenn er sich im Präsidentschaftswahlkampf 2020 nur als derjenige hinstellen könnte, der den mittlerweile seit 18 Jahren andauernden Einsatz der US-Truppen beendet hat. Sowohl auf Seiten der Demokraten als auch in Trumps Regierung befürchten viele, dass die Kabuler Regierung nach einem Abzug der US-Truppen nicht lange überleben würde (sueddeutsche .de).

Erschwert werden die Verhandlungen dadurch, dass auf keiner Seite des Tisches letztgültige Versprechungen abgegeben werden können. Die afghanische Politik wird von einem Team aus 15 Repräsentanten vertreten – rivalisierende Lager um starke Vertreter ethnischer Gruppen, Parteien, neue gesellschaftliche Repräsentanten. Allein ihre Auswahl kam einer Quadratur des Kreises gleich.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert