Das amerikanische Verteidigungsministerium soll 3,6 Milliarden Dollar (3,3 Milliarden Euro) von bestehenden Projekten abgeschöpft haben, um die von Präsident Donald Trump gewünschte Grenzmauer zu Mexiko zu bauen (dpa). Das Pentagon will die Gelder verwenden, die für 127 bereits beschlossene Projekte vorgesehen waren. Damit solle ein Mauerabschnitt von 280 Kilometern Länge finanziert werden (washingtonpost.com).
Führende Demokraten verurteilten das Vorhaben des Pentagons umgehend. Das Abzweigen der Mittel von bereits genehmigten Projekten sei eine „unverantwortlich Entscheidung“, die das Budgetrecht des Parlaments verletze und der nationalen Sicherheit schade (Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses). Der demokratische Senator Chuck Schumer, erklärte gar, die „Kannibalisierung“ bereits geplanter Militärausgaben für den Mauerbau sei ein „Egotrip“ Trumps und ein „Schlag ins Gesicht“ aller Soldaten (morgenpost.de).
Verteidigungsminister Mike Esper genehmigte die Umschichtung der Mittel aus dem Etat des Pentagon für 2019. Der Schritte war nach einer Entscheidung des Supreme Court von Ende Juli möglich geworden. Das Oberste Gericht der Vereinigten Staaten hatte damals die vorhergehende Entscheidung eines Bundesrichters aufgehoben, der Trump die Nutzung von Mitteln aus dem Pentagon für den Bau neuer Absperrungen an der Grenze zu Mexiko untersagt hatte. Trump rief damals im Februar einen Nationalen Notstand an der Grenze aus, um bestehende Mittel umwidmen zu können.
Der Bundesrichter in Kalifornien hatte im Mai eine einstweilige Verfügung erlassen, wonach Trump zunächst keine Mittel für den Mauerbau verwenden durfte, die nicht vom Kongress bewilligt wurden. Ein Berufungsgericht entschied ebenfalls, dass die Regierung nicht auf das Geld zurückgreifen könne, während der Rechtsstreit laufe. Das Oberste Gericht hob die einstweilige Verfügung dagegen nun auf und gab der Verwendung der Mittel statt, während die rechtliche Auseinandersetzung weitergeht.
Die Grenzmauer ist eines von Trumps wichtigsten Wahlkampfversprechen. Der Republikaner argumentiert, dass nur ein solches Bollwerk illegal einreisende Migranten, Drogen, Menschenschmuggler und kriminelle Banden außer Landes halten könne. Er hat versprochen, langfristig auf der Hälfte der rund 3.200 Kilometer langen Grenze zu Mexiko eine Mauer bauen zu lassen. Der Rest der Grenze ist nach seinen Worten durch natürliche Barrieren wie etwa Flüsse geschützt. Trumps Pläne sind hoch umstritten. Mehrere Organisationen und US-Bundesstaaten gehen juristisch dagegen vor (tagesspiegel.de, 27.07.2019).
Betroffen von der aktuellen Maßnahme sind zwei Abschnitte in Arizona und New Mexico, in denen der Baubeginn unmittelbar bevorsteht. Die Trump-Regierung möchte bereits bestehende Absperrungen in drei US-Staaten durch robustere Barrieren ersetzen. Durch die Entscheidung des Supreme Courts kann Trump zusätzlich zu den vom Kongress bewilligten 1,4 Milliarden Dollar nun weitere 3,6 Milliarden für den Bau der Mauer ausgeben.
An Teilen der Grenze gibt es bereits seit längerem befestigte Anlagen, meist in Form einer Stahlbarriere oder eines Zauns. Seit den Neunzigerjahren wurden verstärkt Sperranlagen gebaut, die nach und nach erweitert wurden, insbesondere nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Auch der Grenzschutz in Form von Überwachungstechnologie und Personal wurde ausgebaut. 1.130 Kilometer der 3.144 Kilometer langen mexikanischen Grenze enthalten Barrieren verschiedener Art.
Und der Rest? Manche Strecken sind offen, sie wären aber ohnehin kaum lebend zu überqueren: unwirtliche Gebirgsabschnitte, extreme Wüstenregionen. Zäune oder Mauern wären dort weder effektiv, noch ließen sie sich überhaupt errichten und wären teuer. An anderen Stellen der Grenze gibt es Patrouillen und technische Überwachungsmaßnahmen. Die Zahl der Grenzschutzkräfte lag in den vergangenen Jahren bei rund 20.000 (zeit.de, 10.01.2019), zuletzt befanden sich mehr als drei Viertel davon an der südlichen Grenze.
Die Panik, die Präsident Donald Trump verbreitet, erscheint rückblickend kaum gerechtfertigt. Anfang 2018 stiegen die Zahlen der illegalen Grenzübertritte, sie blieben aber immer noch niedriger als vor zehn Jahren. Lediglich den Vergleich zu 2017 heranzuziehen, um von einer außergewöhnlichen Krise an der Grenze zu sprechen, ergibt wenig Sinn. Ein kurzfristiger Anstieg der Festnahmen seit Trumps Amtsantritt dürfte eher der Null-Toleranz-Politik seiner Regierung zuzuschreiben sein.
Die Regierung von Donald Trump hat immer wieder behauptet, „Tausende Terroristen“ beziehungsweise potenzielle Terroristen würden versuchen, über die mexikanische Grenze in die USA zu gelangen. Eine offizielle Statistik gibt es dazu nicht – und auch sonst wenig Anlass, dieser Darstellung zu folgen.