Seit mehreren Jahren verhandelt Georg Friedrich, Ururenkel des letzten deutschen Kaisers, mit den Berliner und Brandenburger Institutionen über strittige Eigentums- und Besitzverhältnisse sowie über Entschädigungen. Die Regelung, die das Haus Hohenzollern nach Abdankung Wilhelms II. mit der preußischen Regierung im Jahr 1926 traf, wird von den heutigen Verhandlungsparteien unterschiedlich bewertet. In dem Vertrag zwischen dem Staat und den Hohenzollern wurde 1926 eine Vermögensregelung getroffen, die allerdings viele Lücken aufwies.
Es geht um Rechtspositionen, die sich nach Auffassung der Hohenzollern während der Zeit der sowjetischen Besatzung und der DDR veränderten.
Nach Abdanken von Kaiser Wilhelm II. nach Ende des Ersten Weltkrieges 1918 beschlagnahmte die Regierung den kaiserlichen Besitz. Die sowjetischen Besatzer hatten den Hohenzollern eine Kollaboration mit den Nazis vorgeworfen. Darüber hinaus entzogen sie ihnen unter anderem das Wohnrecht in den Schlössern im Osten Deutschlands. Mitte des Monats wurde bekannt, dass Georg Friedrich neben den Rückgabeforderungen auch ein dauerhaftes unentgeltliches Wohnrecht für die Familie im Potsdamer Schloss Cecilienhof oder in zwei anderen Häusern in Potsdam fordert – dem Schloss Lindstedt oder in der Villa Liegnitz (SPON, tagesspiegel.de).
Es geht in dem Rechtsstreit um bedeutende Kunstwerke, um die fürstlichen Bibliotheken und das Königliche Hausarchiv. Auf der Liste steht etwa Antonie Watteaus Gemälde „Einschiffung nach Kythera“ (t-online.de).
Begehrlichkeiten wurden für Hunderte Gemälde und Skulpturen sowie Möbel angemeldet. Sie gehörten einst zu den „privaten“ Wohnräumen der Kaiserfamilie. Gefordert werde auch ein dauerhaftes, unentgeltliches Wohnrecht entweder im Schloss Cecilienhof, Schloss Lindstedt oder in der Villa Liegnitz in Potsdam.
Hinzu kommt die Rückforderung zehntausender Gemälde, Grafiken, Skulpturen, Porzellane, Medaillen, Möbel, Bücher und Fotografien – Gegenstände von hohem Wert und historischer Bedeutung. Darunter das „Neuwieder Kabinett“ von David Roentgen, eines der prächtigsten Möbelstücke, die je in Europa hergestellt wurden; außerdem Werke von Künstlern wie dem Maler Friedrich Tischbein, Vater und Sohn Lucas von Cranach, Kleidung von Kaiser Wilhelm I. oder der berühmte Sterbesessel Friedrichs II (dw.com).
Die meisten Objekte befinden sich im Bestand der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und beim Deutschen Historischen Museum. Gut ein Dutzend Museen, Archive und Bibliotheken fürchten damit um Teile ihre Bestände.
Das Berliner Jagdschloss Grunewald und der Neue Pavillon im Park von Schloss Charlottenburg müssten schließen, wenn die Hohenzollern das bekämen, was sie verlangen (Samuel Wittwer, Direktor in der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten, SPON).
Über eines lässt sich nicht verhandeln, und das ist das Geschichtsbild, das in staatlichen deutschen Museen vermittelt wird. Hier verlangen die Hohenzollern nicht nur ein vom Bund betriebenes Familienmuseum im Theaterbau des Schlosses Charlottenburg, sie fordern auch „Mitsprache und Einbringung eigener Vorstellungen“ bei allen Ausstellungen, Publikationen und „sonstigen Maßnahmen“ zur preußischen Geschichte. Damit ist die „republikanische Schmerzgrenze“ (faz.net) erreicht. Es hat seinen Grund, dass das Haus Hohenzollern bei der offiziellen Darstellung deutscher Geschichte nicht mitreden darf. Sein letzter gekrönter Vertreter Wilhelm II. hat – nicht aus Blutdurst, sondern aus Fahrlässigkeit und Inkompetenz – das Deutsche Reich in den Ersten Weltkrieg getrieben und dafür mit dem Verlust seines Throns bezahlt. Und mehrere seiner Nachfahren haben mindestens zeitweise mit dem Nationalsozialismus paktiert.
Die Hohenzollern haben bereits um 1990 versucht, an verschiedenen Stellen Rückgaben zu erreichen, vor allem die Rücknahme der Enteignung 1945 durch die sowjetische Besatzungsmacht. Das ist ihnen vollständig misslungen. Bis hin dazu, dass kürzlich der Prozess um die Rückgabe von Schloss Rheinfels durch das Land Rheinland-Pfalz vom Landgericht einfach abgelehnt wurde und sie gesagt haben, es gibt keinerlei Gründe, dass dieses Schloss an die Familie Hohenzollern zurückgegeben wird.
Die Sache ist juristisch sehr kompliziert. Das geht darum, dass das Vermögen in Preußen zwischen dem Staat und dem Haus Hohenzollern zwar seit 1820 formalrechtlich geteilt war. Es gab eine Zivilliste, aus der wurde das königliche Haus weitgehend finanziert. Das hat ein sehr großes Vermögen aufgebaut. Kaiser Wilhelm II. war ein erfolgreicher Investor auf dem Aktienmarkt. Aber es gab nie eine saubere Trennung.
1926 wurde dann der erwähnte Vertrag geschlossen, mit dem die Nutzungsrechte geklärt wurden – unter anderem für Häuser oder für den Bestand des Hohenzollernmuseums – in welchem auch Eigentumsrechte direkt übertragen wurden. Und dieser Vertrag ist aber möglicherweise seit 1945 für die Bestände und die Immobilien, die sich in der sowjetischen Besatzungszone befanden, nicht mehr gültig.