AfD-Fraktionschefin Alice Weidel hat die Einstufung ihrer Partei als Prüffall durch das Bundesamt für Verfassungsschutz kritisiert. Damit gehe vor den in diesem Jahr anstehenden Wahlen in drei ostdeutschen Bundesländern eine „Vorverurteilung“ einher, erklärte Weidel

Die größte Gefahr sehen die Verfassungsschützer im Rassismus der Partei und nicht in einer mutmaßlichen Demokratiefeindlichkeit. Gemeint ist die AfD. Der am häufigsten genannte Name ist Björn Höcke. Kopf des „Flügels“ und Partei- und Fraktionsvorsitzender der AfD in Thüringen.

Zum Thema Rassismus heißt es, wer eine Gruppe wegen ihrer Hautfarbe, ihres Glaubens oder ihrer Herkunft politisch ausgrenzen wolle, gefährde die demokratischen Prinzipien, wie sie im Grundgesetz formuliert seien. Die AfD pflege in Teilen einen „biologisch-rassistischen oder ethnisch-kulturellen Volksbegriff“, der besonders beim „Flügel“ um Höcke oder in der Jungen Alternative auftrete, zitiert man aus einem Gutachten.

Wie begründet der Verfassungsschutz die neue Einschätzung? Wie beurteilt er die politischen Ziele von „Gauland und Co.“? Wie stark ist der Rassismus in der Partei ausgeprägt und: Will die AfD eventuell sogar die Demokratie abschaffen?

Darüber gibt ein vertrauliches Gutachten des Verfassungsschutzes Auskunft. Neben den gewonnenen Erkenntnissen sind die strengen Maßstäbe interessant, mit der die AfD auf 436 Seiten auseinandergenommen wird (sueddeutsche.de). Das Gutachten erweckt den Eindruck, als wolle der Verfassungsschutz unbedingt den Eindruck vermeiden, dass es Sympathien für die Rechtspopulisten gibt.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die gesamte AfD am Dienstag als Prüffall eingestuft. Bei der rechtsnationalen Vereinigung „Der Flügel“ um Höcke und der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA) ging der Verfassungsschutz noch einen Schritt weiter: Sie gelten als „extremistische Bestrebungen“ und wurden zu Verdachtsfällen erklärt, was eine schärfere Beobachtung erlaubt.

Der Thüringer AfD-Landeschef hatte den „Flügel“ 2015 gegründet. Das Bundesamt hält in seinem Gutachten fest, der „Flügel“ habe auch „Verbindungen zu bekannten rechtsextremistischen Organisationen; maßgebliche Mitglieder, einschließlich der Führungsfigur Höcke, haben sich in der Vergangenheit auch schon selbst für rechtsextremistische Organisationen betätigt“ (hersfelder-zeitung.de).

Die Angelegenheit geht auch anderweitig bis in die Sicherheitsbehörden hinein, maßgeblich die Polizei. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) verlangt von Beamten, die bei Wahlen für die AfD kandidieren, eine klare Distanzierung vom rechtsnationalen Flügel um Höcke. Jeder Beamte schwöre auf die Verfassung, so GdP-Chef Oliver Malchow (rnd-news.de). Dieser Eid verpflichte, sich an Regeln zu halten.

Noch nie hat der Bundesverfassungsschutz öffentlich den Prüffall verkündet. Diese Einstufung ermöglicht es dem Verfassungsschutz, stärker auf die Partei zu schauen, öffentlich zugängliches Material auszuwerten und Akten anzulegen. Eine Beobachtung mit V-Leuten ist aber nicht erlaubt.

Anders beim Verdachtsfall: Dann ist der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel, zum Beispiel Observationen, eingeschränkt möglich.

Es gibt weitere Kritik an der Maßnahme des Verfassungsschutzes: Die politische Auseinandersetzung mit der AfD müsse inhaltlich stattfinden. So müsse etwa das Rentenkonzept der Partei kritisiert werden oder Bestrebungen, die Europäische Union zu verändern. FDP-Chef Christian Lindner hat die deutschen Parteien davor gewarnt, sich über die mögliche Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz zu freuen. „Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Parteien sich einer lästigen Konkurrenz über den Umweg über die Sicherheitsbehörden entledigen“, sagte Lindner (merkur.de). Er vertraue aber der Einschätzung der Sicherheitsbehörden. „Ich bin gegen jeden Opfer- und Märtyrerkult bei der AfD“, sagte er zum Umgang der AfD mit der Debatte.

Die Häme bei den politischen Gegnern der AfD war ähnlich groß wie der Zorn vieler Parteimitglieder, die gegen „Sprachpolizei“, „Inquisition“ und „AfD-Stasi“ wetterten (dlf.de)..

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