Die Neue Zürcher Zeitung hat es die Tage wieder problematisiert: „Die deutsche Lust an der Aufregung“. Gemeint ist der Überwachungsstaat.
Es werde wieder geschnüffelt und denunziert, liest man. Die AfD wolle linke Lehrer an den Pranger stellen und fordert Eltern und Schüler auf, „weltanschaulich unliebsame Elemente“ online zu enttarnen.
Aber auch Datenschützer schlagen wegen der immer stärkeren Nutzung digitaler Überwachungstechnik durch deutsche Sicherheitsbehörden Alarm. Die jüngsten Zahlen der Bundesregierung bestätigten eine beunruhigende Entwicklung zu einer immer umfassenderen digitalen Überwachung durch den Staat, so ein Hamburger Datenschützer. Dabei seien gerade bei der sogenannten Funkzellenabfrage massenhaft unbeteiligte Personen betroffen.
Hier wären intelligente Konzepte für die Benachrichtigung Betroffener gefordert. Stattdessen drängten die Sorgen um die innere Sicherheit kritische Fragen über die Kontrolle und den Schutzes der Rechte Betroffener in nahezu allen sicherheitsrelevanten Bereichen immer weiter in den Hintergrund, so die Kritik (Johannes Caspar, handelsblatt.com). Auf Dauer halte das kein Rechtsstaat aus.
Zudem muss man die Frage nach der Zulässigkeit der Überwachungsmaßnahmen aufwerfen. Allein anhand der Anzahl von Maßnahmen wie der stillen SMS oder der Funkzellenabfrage kann man nicht bewerten, ob der Einsatz zulässig und erforderlich ist. Hierfür wäre eine Überprüfung der konkreten Fälle durch die zuständigen Datenschutzbehörden notwendig. Zudem geraten zunehmend nicht nur Verdächtige in den Fokus, gegen die ermittelt wird, je nach Maßnahme können auch weitere Personen betroffen sein. Deutlich wird dies an der nichtindividualisierten Funkzellen-abfrage, von der praktisch jeder erfasst werden kann.
Nicht nur der Staat sammelt Daten; wir alle wissen um die Datensammelwut der sozialen Netzwerke. Was ist, wenn staatliche und private Netzwerke in der Zukunft verknüpft werden?! Nicht möglich? Mitnichten: Wenn wir nichts tun, wird eines Tages ein Unternehmen oder eine staatliche Institution die verschiedenen Datenbanken zu einem Social-Credit-Score zusammenführen, und am Ende haben wir chinesische Verhältnisse.
Ab 2020 soll in China ein „Social Credit System“ Pflicht für jeden Bürger sein (huffingtonpost.de). Wie das genau aussieht, weiß niemand so recht. Was man weiß ist, dass alle privaten und öffentlichen Datenbanken verknüpft werden sollen. Das könnte private Zahlungsdienste ebenso betreffen wie Gerichtsdatenbanken und Dating-Apps. In einem Pilotprojekt hat der Staat jeder Bürger der Stadt Rongcheng bereits ein Punktekonto bekommen.
Fährst Du bei Rot über die Ampel, geht’s runter mit dem Kontostand. Wenn man sich in der Öffentlichkeit daneben benimmt, beispielsweise an einer Schlägerei beteiligt ist, kommt man auf die schwarze Liste. Auch der Job fließt in das Sozialkredit-System ein: Wenn Bürger mit Service des Unternehmens nicht zufrieden sind, können sie sich beschweren. Das hat dann auch Auswirkungen auf den Punktestand.
George Orwell „1984“ und Aldous Huxley „Brave New World“ lassen grüßen. Waren diese beiden Männer etwa Hellseher oder sticht einem die Tatsache ins Auge und wir wollen sie bloß nicht (mehr) wahrhaben?! Hinterfragen wir uns kritisch!
„Netzdoktoren“, diese Apps, die anhand von Symptomen Ferndiagnosen stellen. Viele verlassen sich darauf. Warum zum Arzt gehen, wenn das Internet das kann?! Dann wäre man nicht mehr unter Kontrolle. Was ist aber, wenn diese Daten gesammelt und an unsere Krankenkassen weitergegeben werden? Kommt dann irgendwann eine Nachricht wie diese: „Aufgrund Ihres gefährlichen Sportes müssen wir leider Ihren Beitrag erhöhen!“? Die Verwunderung wäre groß, wo die Nachricht herkommt und warum, ist nicht allzu schwer zu erraten.
Schöne neue Welt …