Viele fragen sich – oft zum wiederholten Mal -, ob die Russen etwas gegen Trump in der Hand haben.

Während Trump vom Gipfel nach Hause flog, diskutierten Washingtoner Politiker und Journalisten darüber, wie groß der angerichtete Schaden sei. Der Nationale Geheimdienstdirektor Dan Coats veröffentlichte eine Erklärung, die deutlich von der Linie Trumps abwich: „Wir waren deutlich in unserer Einschätzung zu den russischen Versuchen, auf die Wahl 2016 Einfluss zu nehmen und zu ihren anhaltenden, deutlichen Anstrengungen, unsere Demokratie zu untergraben. Und im Interesse der nationalen Sicherheit werden wir auch weiterhin unparteiische und objektive Informationen gewinnen und zur Verfügung stellen.“ Der ehemalige CIA-Chef John Brennan twitterte: „Donald Trumps Pressekonferenz in Helsinki erreicht und überschreitet die Grenze des Verrats und der ‚ernsten Verbrechen und Vergehen‘. Das war nichts anderes als Verrat dem eigenen Land gegenüber. Nicht nur waren Trumps Äußerungen idiotisch, Putin hat ihn auch vollkommen in der Tasche“. Der ehemalige Gouverneur Kaliforniens, Arnold Schwarzenegger, ebenfalls Republikaner, griff den Präsidenten auf Twitter an. In einem kurzen Video sagte er: „Du hast da gestanden, wie eine nasse Nudel, wie träumerischer Teenager“.

Welche gemeinsamen Interessen sollte die USA mit dem Feind Russland haben? Bisher laufen immer noch Sanktionen gegen Putins Land wegen der Annektion der Krim und der Ost-Ukraine. Dreht sich die Fahne im Wind? Wird das Wohl Europas von Trumps Seiten den Wölfen einer neuen Weltordnung zum Fraß vorgeworfen? Teilen sich die Vereinigten Staaten, Russland und China die Welt neu auf? Schließen sich Trump und Putin aus Angst vor Chinas Macht zusammen?

Beispiel: Putin äußerte sich auf der Pressekonferenz nach dem Treffen zu den gemeinsamen Interessen. Er sagte, beide Länder könnten weder an zu hohen noch an zu niedrigen Ölpreisen ein Interesse haben. Einerseits wären die zu niedrigen Ölpreise aus Produzentensicht nicht wünschenswert, andererseits seien zu hohe Ölpreise schlecht für die Verbraucher.

Trump hat die Kongresswahlen in den Vereinigten Staaten im Blick. In Amerika ist Reisesaison. Und zu den wenigen Dingen, bei denen der Amerikaner keinen Spaß verstehen, gehören hohe Benzinpreise auf der Urlaubsreise. Ein Ölpreis von mehr als 80,– US-Dollar ist nicht im Sinn Trumps, der mit dem Thema Wahlmanipulation ohnehin genug zu kämpfen hat.

Die Vereinigten Staaten hatten schon die Möglichkeit ins Spiel gebracht, ihre nationale Ölreserve SPR („Strategic Petroleum Reserve“), eigentlich für Notfälle gedacht, jetzt zum Drücken des Ölpreises einzusetzen. Der Wunsch, mit Russland beim Öl zu kooperieren, könnte zumindest auf kurze Sicht einem ähnlichen Motiv entspringen.

Auch Putin hat ein Interesse, sein Ansehen in der russischen Bevölkerung zu stärken. Wenn der Ölpreis länger sehr hoch bleibt, kann das der Konjunktur in Russland schaden. Wirtschaftsprobleme aber kommen in der Bevölkerung nie gut an. Und sowohl die russischen als auch die amerikanischen Ölförderer kommen mit einem Ölpreis von um die 70,– US-Dollar gut klar.

Eine Art „Dach-Kartell“ (faz.net), eine Koordination des Ölmarktes durch die Supermächte „oberhalb“ der OPEC erwartet uns sozusagen. Seit die USA vom Öl-Importeur zum Exporteur geworden sind, haben sich ihre Interessen verändert. Das macht auch die Abstimmung der Interessen mit Russland und Saudi-Arabien plausibel. China, Indien, Europa – sie alle wären dann von diesem Großkartell mehr oder weniger abhängig.

Der POTUS ist zu blind, um die Gesamtzusammenhänge zu sehen. Realistisch betrachtet ist der Sarg mit der Aufschrift „Nachkriegsordnung“ (tagesschau.de) so gut wie fertig. Und Wladimir Putin musste noch nicht mal selbst Hand anlegen beim Nägeleinschlagen. Er konnte zuschauen, wie Donald Trump das allein erledigte.

Russlands Präsident hat sein Ziel erreicht: Ohne nur in einem Punkt von seinen grundsätzlichen Positionen abzuweichen, saß er mit dem mächtigsten Mann der Welt an einem Tisch. Einem US-Präsidenten, der öffentlich behauptet, dass der russische Präsident genauso glaubwürdig sei wie der amerikanische Geheimdienst. Mit den USA auf einer Augenhöhe zu verhandeln, ist in den vergangenen Jahren zu einer fixen Idee der russischen Außenpolitik geworden. Trumps Vorgänger, Barack Obama, behauptete noch, Russland sei nur eine Regional- und keine Weltmacht. Ein Nadelstich, der auch bei Putin tief gesessen hat.

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