Der 14. Mai ist für viele Israelis ein Tag der Freude, fühlen sie sich doch durch die Entscheidung des US-Präsidenten Trump, der ein Gesetz des US-Kongresses aus dem Jahre 1995 umsetzte, bestätigt. Für Empörung sorgt der symbolische Schritt hingegen bei weiten Teilen der arabischen Bevölkerung – speziell in Ost-Jerusalem, das die Palästinenser als Hauptstadt ihres zukünftigen Staates beanspruchen. Obwohl Trumps Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels den Osten der Stadt nicht einschließt, empfindet die arabische Bevölkerung dort den Schritt als Demütigung. Diese Stimmung machen sich die radikalen Kräfte der Hamas und Fatah zu eigen und haben im Gazastreifen und im Westjordanland zum Marsch an Israels Grenzanlagen bzw. die Checkpoints aufgerufen. Israel reagiert darauf mit massiven Sicherheitsvorkehrungen. Israel hatte das von Jordanien besetzte Ost-Jerusalem im Sechstage-Krieg erobert und später annektiert.

Einen Tag vor dem 70. Jahrestag der sogenannten Nakba, der Vertreibung von Arabern aus dem heutigen Territorium Israels, wird in Gaza jährlich ein Generalstreik ausgerufen.

Schon Stunden vor der Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem ist es an Israels Grenze zum Gazastreifen zu Protesten gekommen. 28 Palästinenser seien bei Konfrontationen mit israelischen Soldaten verletzt worden, teilte der palästinensische Rettungsdienst Roter Halbmond mit. Mehr als 20 seien durch Schüsse verletzt worden, zwei davon lebensgefährlich. Zahlreiche Palästinenser setzten im Grenzbereich Reifen in Brand; dichter schwarzer Rauch stieg in den Himmel. Nach Berichten von Augenzeugen versuchten mehrere Männer, den Grenzzaun zu Israel zu durchschneiden.

Der Status von Jerusalem ist eine der heikelsten Fragen im Nahostkonflikt. Israel hatte den Ostteil samt der historischen Altstadt im Sechs-Tage-Krieg 1967 besetzt und 1980 annektiert. Die Vereinten Nationen erkennen die Annexion aber nicht an. Israel betrachtet ganz Jerusalem als seine unteilbare Hauptstadt. Die Palästinenser beanspruchen Ost-Jerusalem als künftige Hauptstadt des von ihnen angestrebten eigenen Staates. Internationaler Konsens war bisher, dass der Status von Jerusalem in einem Friedensabkommen mit den Palästinensern festgelegt werden soll.

Die Eröffnung der Botschaft findet am gleichen Tag statt, an dem Israel sein 70-jähriges Bestehen feiert. Morgen jährt sich zudem zum 70. Mal die Nakba (deutsch: Katastrophe oder Unglück). An diesem Tag erinnern Palästinenserinnen und Palästinenser an die Vertreibung und Flucht von rund 760.000 Menschen, die 1948 auf die Gründung des Staats Israel folgten.

Problematisch ist derzeit, dass „verschiedene Unruheherde“ gemeinsam ihren Höhepunkt finden. Neben der Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem zählt dazu auch den Nakba-Tag, sowie die Proteste im Gaza ab Ende März. Zudem beginnt Mitte der Woche der Ramadan, der muslimische Fastenmonat. Man befindet sich vor Ort gerade in einer unberechenbaren Situation, in der jede falsche Fingerbewegung Öl ins Feuer gießen kann. Wenn beispielsweise Israel während des Ramadans generell keine Einreisegenehmigungen nach Jerusalem erteilt, dann könnte das die Spannungen zusätzlich befeuern.

Allerdings betrachten Nahost-Experten die palästinensische Gesellschaft als zu zersplittert an, als dass sich eine Massenbewegung auch im Westjordanland und Ost-Jerusalem entwickeln könnte. Dazu seien die Menschen auch zu ausgelaugt aufgrund der politischen Lage. Diese Erschöpfung ist langfristiger Natur. In einer Umfrage im März hatten rund 70 Prozent der Palästinenser gesagt, dass die Situation in 100 Jahren ähnlich schlecht sein werde wie heute oder schlechter.

Der befürchtete Flächenbrand blieb vorerst aus. Doch für eine Entwarnung ist es zu früh. Die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) hält infolge der Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt an ihrer Weigerung fest, mit den USA an einem Friedensplan zusammenzuarbeiten.

So wird es in naher Zukunft keinen politischen Horizont für die Palästinenser geben.

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