Unmotivierte Kinder, internetsüchtige Menschen, Angst vor dem Anderen, sei es Hautfarbe, Volkszugehörigkeit, andere Religion oder politische Gesinnung. Schon in den 1980ern sang Markus: „Ich will Spaß!“. Wenn es heute keinen Spaß macht, interessiert uns nichts mehr. „Ich liebe mein Tablet, da sind alle meine Freunde drin“. Der Mensch hat mehr Kontakte denn je und wird doch immer einsamer. Soziale Kompetenz lässt sich prima im Duden nachlesen, in praxi steht es immer schlechter um sie. What happened?!

Was bisher geschah:

Seit Jahrhunderten denken wir in Nationen, als König- oder Fürstentümer, als Kaiserreiche oder schlichtweg Staaten. Wir sind stolz auf die Werte unserer Nation, es gibt Epochen des Friedens. Patriotismus wird nie schaden! Geht es uns schlecht, sucht man den Schuldigen. Meist den staatlichen Nachbarn, man pflegt den Hass, den Nationalismus. Es braucht nicht viel, um zu sagen: „Bis hierher und nicht weiter!“. Der Krieg kommt mit regelmäßiger Gewissheit, wir schlagen dem anderen den Schädel ein, um am Ende einen Terraingewinn von drei Quadratmetern zu verzeichnen. Ja, ich übertreibe ein wenig, aber die Richtung stimmt! Kommt es außenpolitisch nicht zum Zoff, dann muss im Inneren irgendwer dafür herhalten: Menschen bestimmter politischer Ansichten oder bestimmter Religionszugehörigkeiten. Konflikte zwischen Nationen gibt es seit Jahrhunderten, zwischen Sippen oder Stämmen gar seit Jahrtausenden. Ich will mich hier nicht in einzelnen Beispielen verzetteln, denn es geht mir um etwas Anderes. Soweit zu den verschiedenen Nationen.

Anderes Beispiel: die Geschlechter: Von Natur aus wird man hineingeboren in eines von beiden. Die Gesellschaft stellt Regeln auf, wie sich Mädchen oder Frau beziehungsweise Knabe oder Mann zu benehmen hat, welche Aufgaben die Person erfüllen muss, wie er oder sie sich in der Öffentlichkeit zu verhalten hat. Dem Mann wird der äußere Bereich, außerhalb von Höhle, später Haus oder Wohnung zugewiesen, die Frau hat sich vornehmlich im Inneren aufzuhalten. Benimmregeln werden aufgestellt, Kleiderordnungen über die Jahrhunderte erlassen. Lange Zeit ist es der Frau unter Strafe verboten, Männerkleidung, hauptsächlich Hosen, zu tragen.

Werfen wir einen Blick auf heute:

Dass Frauen Hosen tragen, stört schon lange niemanden mehr, schließlich sind wir gleichberechtigt. Die Nationen sollen fallen, die Idee „Europa“ wurde geboren. Viele Kriege wurden hierdurch erfolgreich vermieden. Wir wirtschaften global, vielleicht steht irgendwann einmal hinter Europa das Weltbürgertum, wer weiß das schon?!

Große Vorhaben, bisher kleine Errungenschaften. Es gibt viel zu tun, es lohnt sich, auf diesem Weg weiterzugehen. Und wir stehen am Anfang, dürfen den Mut nicht verlieren. Auch bei Rückschlägen! Und doch läuft etwas falsch, nur was?! Orientierungslosigkeit, Werteverlust machen uns zu schaffen. Die Jugend hat keine Vorbilder mehr, der Kirche laufen die Schäfchen massenweise davon, Politik lockt schon lange keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor.

Warum das? Ja, gerade deswegen! Wir haben Ziele, größtenteils gute Ziele! Die Welt soll besser werden, jeder und jede die gleichen Chancen haben, es soll nicht mehr nach Äußerlichkeiten oder Herkunft bei den Menschen unterschieden werden. Um diese Ziele zu erreichen, halten wir an alten Traditionen, etwas negativer ausgedrückt: Althergebrachtem, fest. Nein? Dann schauen wir uns doch mal das ganze genauer an: Religionsfreiheit! Ja, muss es geben, gut so. Wir sind schließlich tolerant. „Aber in unserem Stadtviertel eine Moschee? Also nein, wo kommen wir denn da hin? Hier leben schließlich Christen. Wenn wir in die Türkei kämen, dann …“. Wer es noch nicht weiß: Es leben auch Muslime in Deutschland! Anderes Beispiel: Mädchen und Jungen brauchen die gleiche Erziehung, um später die gleichen Chancen zu haben. Wir sind ja eine fortgeschrittene Gesellschaft. Aber erwartet ein Paar ein Kind, muss das Geschlecht vor der Geburt rechtzeitig bekannt sein. Man muss ja schließlich wissen, wie das Kinderzimmer einzurichten ist, vor allem, wie man die Wände streicht. Liege ich etwa falsch? Die Frage ist doch: wo fängt man an und wo hört man auf? Also: bin ich für Religionsfreiheit, dann muss ich Menschen auch Gelegenheit dazu geben, ihre Religion auszuüben. Dazu gehört auch ein Gotteshaus. Will ich gleiche Chancen für Kinder beiderlei Geschlechts, dann darf ich nicht schon in den ersten Tagen ihres Lebens anfangen, sie auf angeblich geschlechtsspezifische Umstände vorzubereiten. Die Liste ließe sich verlängern. Was lernen wir daraus? Neue, moderne Ziele erfordern Abschied von jahrhundertealten Traditionen und Regeln, die im Widerspruch mit diesen stehen. Sonst werden wir das nicht schaffen. Man denke darüber nach: viele Dinge, die wir tun, tun wir deswegen, weil das seit Urzeiten so üblich ist; nicht, weil das heute noch einen tieferen Sinn ergäbe.

Wir stehen gerade am Anfang eines neuen Jahrtausends. Zeit, zu entrümpeln!

© Thomas Dietsch

 

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