Am Valentinstag hatte ein 19-jähriger ehemaliger Schüler an einer High School in Florida 17 Menschen erschossen. Die Debatte über die laxen Waffengesetze in den USA wurde dadurch neu entfacht. In einem großen Kreis saßen Überlebende und Angehörige im Weißen Haus um den US-Präsidenten, auch die früherer Massaker an US-Schulen. Sie erzählten ihre Geschichte, diskutierten Vorschläge und fragten Donald Trump innigst, was er zu tun gedenke, um solche Bluttaten zu verhindern.
Trump, grundsätzlich ein schlechter Zuhörer, riss sich zusammen. Im Umgang mit weinenden Hinterbliebenen und Jugendlichen durfte er keinen Fehler machen. Im Umgang mit der von ihm geschätzten Waffenlobby aber auch nicht, das würden ihm seine Anhänger sehr übel nehmen.
Trump markierte den Entschlossenen. Zu viele Zwischenfälle, zu viel Gerede, jetzt werde gehandelt. Strengere Überprüfungen würden jetzt ein Thema, ein höheres Mindestalter von Waffenkäufern. Schwammig äußerte sich der Präsident zu psychischen Erkrankungen. Und, als hätte es ihm die mächtige Waffenlobby NRA selbst ins Heft diktiert: mehr Waffen an Schulen, ja warum nicht?
Der „Bump Stock“ soll verboten werden. Der Schnellfeuerkolben, keine 100,– US-Dollar teuer, erhöht die Schussfolge einer Waffe – und aus einer halbautomatischen Waffe wird ein Maschinengewehr. Der Attentäter von Las Vegas nutze den Plastikaufsatz, um im Herbst letzten Jahres auf einem Konzert Jagd auf Menschen zu machen. Schon damals wurde der Ruf nach schärferen Waffengesetzen laut. Doch erst das aktuelle Massaker – ohne diese Vorrichtung – ließ US-Präsident Trump nun handeln. Der Republikaner, seit Wahlkampfzeiten eigentlich ein Verfechter liberaler Waffengesetze, will den „ Bump Stock“ aus den Geschäften verbannen. Das Justizministerium soll ein entsprechendes Verkaufsverbot vorbereiten.
Ob es dazu kommt, ist fraglich. Ein entsprechendes Gesetz müsste im Kongress eine Mehrheit finden. Und der diskutierte schon oft strengere Regelungen, ja selbst ein Verbot der Dauerfeuer-Aufsätze. Es blieb beim Debattieren …
Lehrer bewaffnen: die Lösung aller Probleme? Trump meint, Feiglinge würden abgeschreckt. Soweit, so gut! Was ist mit den anderen? Man stelle sich den Fall am Valentinstag vor. Lehrer – vielleicht auch andere Schüler – schießen zurück. Wer sagt uns, dass bei einer solchen Schießerei à la Wild West nicht noch mehr Menschen umgekommen wären?! Das Argument, man habe sich gewehrt, ist ein schwacher Trost.
Was ist mit Trumps Argument, psychisch labile Waffenkäufer besser zu kontrollieren? Das taugt wenig bis gar nichts! Was suchen Waffen in den Händen psychisch labiler Menschen? Nichts! Das hat auch nichts mit Freiheit zu tun. Die hört dort auf, wo die des anderen beginnt.
Und ein entscheidender Sachverhalt sei hier nicht unerwähnt: wir reden nicht nur über Pistolen und Gewehre aus dem 18. Jahrhundert. Wir reden über moderne Kriegswaffen, frei zugänglich für nahezu jedermann!
Es gibt in einer Zivilisation ein prägendes Merkmal: das Gefühl der Sicherheit. In einer zivilen Gesellschaft braucht es keine Waffen! Der Staat gewährleistet die Sicherheit durch Ordnungsbehörden, Polizei und Militär. Dies ist nicht nur in „Old Europe“ so, sondern auch in den USA. Sollte es jedenfalls sein. Vor 200 Jahren brauchte man in der Wildnis des Westens der USA Waffen, es gab noch keinen Ordnungsapparat. Muss man das heute eins zu eins weiterführen? Ist es nicht so, dass die Ordnungs- und Sicherheitssysteme in Demokratien schwächeln? Auch in Deutschland hört man von Zeit zu Zeit, das jemand sich überlegt, „eine Waffe anzuschaffen“. Bröckelt hier eine unserer vornehmsten Errungenschaften, das Sicherheitsgefühl? Offensichtlich! Wir müssen uns die Frage stellen, warum das so ist. Zwei Punkte sind zu diskutieren: die finanzielle Ausstattung unserer Sicherheitssysteme und ob diese modernen Gefahren noch sicher begegnen können. In Florida war das jedenfalls nicht so. Sicherheitsbeamte und Polizei kamen nicht bzw. wesentlich zu spät.
Trumps Diskussion ist nichts anderes als Augenwischerei. Ein Großteil seiner Wählerschaft rekrutiert er aus der Waffenlobby. Er kann – unabhängig vom Kongress – gar nicht „hart durchgreifen“. Darüber hinaus sind schon viel zu viele Waffen, ja Arsenale, im Umlauf. Für den unwahrscheinlichen Fall von Restriktionen würden diese durch einen florierenden Schwarzmarkt umgangen.
Schade um das Meeting im Weißen Haus: eine inszenierte Show mit handverlesenen Personen. Ein Mädchen bedankte sich gar artig für die Einladung und für die gute Arbeit des Präsidenten. Na denn …