Der kosovarische Präsident Thaci bezeichnete die Unabhängigkeitserklärung durch das Parlament als „glücklichsten Moment“ für das gesamte Volk. Regierungschef Haradinaj sagte bei einer Kabinettssitzung, das Kosovo verkörpere den Wunsch der Menschen, „in Freiheit zu leben“. Er räumte sehr wohl ein, dass der Aufbau eines modernen Staates noch nicht abgeschlossen sei.

Das mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnte Kosovo war nach dem Kosovokrieg mit 13.000 Toten und dem Ende der Nato-Luftangriffe im Jahr 1999 unter internationale Verwaltung gestellt worden. Am 17. Februar 2008 erklärte sich die frühere serbische Provinz einseitig für unabhängig. Mehr als 110 Länder weltweit, darunter die meisten EU-Staaten, erkannten die Unabhängigkeit an. Die Regierung in Belgrad betrachtet das Kosovo dagegen weiter als abtrünnige Provinz.

2011 waren unter EU-Vermittlung Verhandlungen über die Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo begonnen worden. Sie kamen in den vergangenen zwei Jahren aber nicht mehr voran. Serbiens Außenminister Dacic meint, Belgrad sei noch weit davon entfernt, das Kosovo anzuerkennen. Ohne ein Abkommen mit dem Kosovo könne diese Frage nicht gelöst werden.

Der Kleinstaat zählt zu den ärmsten Ländern Europas, rund 40 Prozent der 1,8 Millionen Einwohner leben in Armut. Die Arbeitslosigkeit liegt bei ca. 30 Prozent, bei der Jugend sogar bei 50 Prozent.

Zusammen mit mangelnden Fortschritten bei der Demokratisierung und Korruptionsbekämpfung führt dies dazu, dass Kosovo bei der Annäherung an die EU inzwischen weit abgehängt ist. Dies hat Brüssel jüngst bei der Präsentation der Erweiterungsstrategie für den Westbalkan deutlich gemacht. Die jungen Kosovaren sitzen so im Land fest. Mafiosen Führungsfiguren mag dies egal sein – sie haben mithilfe ihrer Seilschaften aus dem Krieg lukrative Privat-Imperien geschaffen und sind wenig interessiert an Liberalisierungsschritten, die diese gefährden könnten. Sie sind verantwortlich dafür, dass Kosovo das korrupteste Land auf dem Balkan mit der zweithöchsten Arbeitslosigkeit ist.

Die Unzufriedenheit darüber beschert der Opposition wachsenden Zulauf, die zudem mit nationalistischem Pathos die Abhängigkeit der Herrschenden von ihren westlichen Protektoren anprangert. Da die Kriegsherren nicht über Korruption reden wollen, wetteifern sie mit der Opposition um das schärfste nationalistische Profil. Das ist fatal, denn die Probleme des Landes sind komplex und werden immer drängender. Kosovo brauchte eine Politikerkaste, die diese endlich ernst nimmt.

Die größten Baustellen bestehen bei den schlechten Beziehungen zu den Nachbarn. Pristina muss das Abkommen mit Serbien vorantreiben, das zwar souveränitätspolitisch problematisch ist, aber Klarheit endlich bringen würde. Zudem erhöhte dessen Umsetzung den Druck auf jene Staaten, die Kosovo nicht anerkennen. Doch nicht alle Lösungen liegen in den Händen von Kosovos Politikern. Sie handeln innerhalb des Rahmens, den ihnen die Weltpolitik zugesteht und der das Land in seiner Zwitterstellung zwischen Souveränität und Abhängigkeit gefangen hält. Zehn Jahre nach der Unabhängigkeit ist deshalb der Moment für den Westen gekommen, Bilanz zu ziehen über den Leistungsausweis seiner militärischen und rechtsstaatlichen Präsenz in Kosovo.

Möglicherweise war es fatal, dass das viele Geld und die politischen Vorgaben von außen oft verhindert haben, dass die Kosovaren selbst Verantwortung übernahmen.

Die Zeit ist deshalb reif dafür, dass der Westen sein Engagement zurückfährt und so auch Raum schafft für eine Erneuerung der verkrusteten Politik. Das ist nicht ohne Risiko, doch es ist der jüngsten Nation Europas zuzumuten. Ohne Demokratisierung von innen gibt es keine Impulse für die Zukunft des Landes. Die gegenwärtigen Strukturen stehen jenen im Weg, die das Land aufbauen wollen – und entmutigen die talentierten Mitglieder in der Diaspora, die gerne zurückkehren und dabei helfen würden.

Nichtsdestotrotz: Herzlichen Glückwunsch zum Zehnten und alles Gute für die Zukunft!

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