Damals, im Jahre 1987, Deutschland unter der Herrschaft des Kanzlers Kohl, da sollte das Volk gezählt werden. Deutschland sah damals noch anders aus, quasi in der Mitte zerbrochen. Links auf der Karte gab es einen größeren, länglichen Teil, rechts davon einen kompakten kleineren. Beide Teile waren sich nicht grün. Das versuchten jedenfalls dazumal die jeweiligen Regierungen dem Volk einzureden. Auf die Zählung hatte das Volk, ich rede vom linken, also westlichen Teil des Landes, keinen Bock. „Noch nie dagewesen, so etwas!“, „Ich gebe meine geheimen, persönlichen Daten nicht preis. Dass ich geschieden bin, geht niemanden etwas an.“ oder „der gläserne Bürger“ waren einige der Argumente gegen die Zählung. Nun, ob eine Volkszählung das erbringt, was man sich von ihr verspricht, sei einmal dahingestellt. Fakt ist: die erste Volkszählung in Deutschland fand 1816 im Königreich Preußen statt, schon die Römer haben ihre Früchtchen gezählt und dabei Daten erhoben. Und: eine Scheidung ist behördlich eh registriert, also nichts mit geheimen Daten! Na und?! Ja, eigentlich wollte ich etwas über Dimensionen erzählen. Das damals war eigentlich alles Pillepalle, nichts Aufregendes!

Wir leben heute in drei Dimensionen. Strich, Fläche und Raum nimmt der Mensch wahr. Angeblich, so das Internet, soll es mindestens neun, einige behaupten sogar sechsundzwanzig Dimensionen geben. Eine von diesen ist die, aus Quantität eine neue Qualität zu schaffen. Wie das? Nun, wir geben überall, sei es bei Umfragen im Einzelhandel oder täglich im Internet, Daten von uns preis. Man meldet sich irgendwo an, schmettert unter anderem das Geburtsdatum in das Formular und gibt seine Email-Adresse bekannt. Wer kennt das nicht?! Im Laufe der Zeit wundert man sich, dass einem das Postfach vollgespamt wird mit Werbung, am Tag des Geburtstags erhält man mehrere Glückwünsche und Geschenke derart, dass speziell für einen, und nur für einen (!), ein kostenpflichtiges Angebot betreffend irgendeinen Schnickschnack bereitgehalten wird. Danke für die Glückwünsche, das mit dem Geschenk war doch nicht nötig … Man redet in der Wirtschaft vom Erstellen von sogenannten Kundenprofilen. Alles zu unserem Wohle, man will nur unser Bestes: nämlich unsere Kohle! Geil! Beim Einkaufen werden fleißig Punkte gesammelt. Auf dem Heimweg am Freitagnachmittag mag mancher von uns eine SMS erhalten in der Richtung: „Haben Sie Ihren Wein vergessen? Diese Woche im Angebot …“. So viel Fürsorge, sind wir nicht heutzutage eingebettet in Nächstenliebe?!

Es ist nicht der Staat, der uns böse will. Auch nicht Geheimdienste, wie zum Beispiel die NSA. Gut, es ist unschön, wenn über das Abfischen von Daten uns quasi ins Wohnzimmer geschaut wird. Aber das macht der Nachbar doch auch schon seit alters her, oder?! Na ja, gegen den Nachbarn wusste man sich zu wehren mit einer dichten Gardine, so eine mit Goldkante gab´s da früher. Heute heißen die Gardinen Virenscanner, die bewirken, dass niemand uns auf die Festplatte schaut. Man muss halt mit der Zeit gehen …

Früher war das doch schöner, man kannte sich von Angesicht zu Angesicht. Heute liebt doch eh jeder nur noch seinen Computer. Ist aber gut so, sind ja schließlich all die Freunde schon drin. Viele, denen man schon einmal die Hand gegeben hat. Und noch viel mehr, bei denen das nicht so ist. Auch egal! Wie sehr freut sich doch der Fünfundfünfzigjährige, wenn die Endzwanzigerin schreibt, dass sie ihn liebt, ihren lang gesuchten Supermann. Und wenn letztere mal in Geldnot kommt, hilft Man(n) doch gerne aus. Es gibt doch so viele Online-Transfermöglichkeiten für Geld, toll! Früher war das nicht so. Ja, Sie haben ja recht. Ich muss auf den Punkt kommen. Natürlich hat die „süße Maus“ lediglich durch simple Zusammenstellung von Daten das Licht der Welt erblickt. Damit sie auch ein Ansehen hat, fügt man ab und zu noch ein schickes Bildchen dazu. Und Papas Kohle ist, einmal auf den Weg gebracht, natürlich weg. In den sicheren Händen irgendwelcher Betrügerbanden, die, am Laptop sitzend, kollektiv „ihren Mädels“ Leben einhauchen.

Derzeit leben rund 7.174.970.000 Menschen auf der Erde. Ich weiß, dass das schon mehr sind, wenn sie diesen Schriebs lesen! Wie viele leben wohl im Cyberspace? Haben Sie sich das schon einmal gefragt? Leute, die quasi nur online existieren?! Keine Ahnung. Nennt sich landläufig Dunkelziffer, was aber voraussetzt, dass man überhaupt schon Datenerhebungen gemacht hat. Jetzt wissen Sie auch, dass Volkszählungen doch einen Sinn machen. Die im Cyberspace ist schon überfällig. Ständig meckert man über Steuerausfälle in Regierungskreisen. Was ist denn mit den Cyber-Menschen? Die ziehen doch Kohle. Ist die etwa steuerfrei, hm?!

Der Lauf der Zeit ist schneller geworden, die Dinge ändern sich rasant. Im Rahmen künstlicher Intelligenz bedarf es des schwerwiegenden Prozesses der Geburt eines Menschen nicht mehr. Warum auch: Ein paar Daten tun es doch auch. Reformen von Staatsseite stehen an. Hier wurde eine neue Dimension erschaffen; oder soll ich sagen: ist entdeckt worden? Wie auch immer. Drei Dimensionen kennen wir, können wir, wie man so schön sagt: erfahren. Weiß der Geier, wo wir uns sonst noch bewegen …

Vielleicht ist es besser, wenn wir es gar nicht wissen.

© Thomas Dietsch

 

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