Vor zehn Jahren gab es eine Filmkomödie: „Idiocracy“ von Mike Judge. In jener wacht ein amerikanischer Normalo 500 Jahre in der Zukunft auf und muss feststellen, dass in der vergangenen Zeit das intellektuelle Niveau in den USA drastisch gesunken ist und er mit Abstand der intelligenteste Mensch Amerikas ist. Der aktuelle Präsident hört auf den Namen Dwayne Elizondo Mountain Dew Herbert Camacho und ist ein halbwegs degenerierter Simpel.
2016 kandidiert Donald Trump für das Präsidentenamt, ein Mann, der jüngst Belgien als „eine schöne Stadt“ bezeichnete, die Environmental Protection Agency (EPA) in einer Rede „Department of Environmental“ nannte und laut Sprachwissenschaftlern bei seinen öffentlichen Auftritten den „Wortschatz eines Drittklässlers“ verwendet.
Idiokratie: Was ist das? Was versteht man darunter? Die Idiokratie wird in der Wissenschaft auch als die „Herrschaft der Dummen“ bezeichnet. „Idiot“ als Wort leitet sich in der Etymologie vom griechischen ἰδιώτης (idiotes) her, das wertfrei bis heute in etwa „Privatperson“ bedeutet. Es bezeichnete in der Polis Personen, die sich aus öffentlichen-politischen Angelegenheiten heraushielten und keine Ämter wahrnahmen, auch wenn ihnen das möglich war (Wikipedia).
Ist Donald Trump ein dummer Mensch? Ist eine solche Wertung überhaupt zulässig? Trump scheint im Großen und Ganzen beratungsresistent zu sein, zu enorm ist sein Ego, um sich zu sehr von Interessengruppen instrumentalisieren zu lassen. Doch ist dieser Eindruck nicht doch nur das Ergebnis jahrzehntelanger cleverer Selbstdarstellung? Wenn Trump etwas kann, dann ist es Selfmarketing. Trumps Name ist selbst der Werbeträger. Schon wird gewitzelt, dass im Falle eines Wahlsieges Trumps dessen Name in riesigen leuchtenden Lettern über dem Weißen Haus prangen werde.
Dass „The Donald“ mit eher begrenztem Wissen über die Welt und die Politik aufwarten kann, hat er bewiesen. Ist das Desinteresse, fehlende Bildung? Im Gegensatz zu George W. Bush wirkt Trumps Unwissen weit gefährlicher, eben weil man ihm zutraut, sich nicht als Marionette durchs Amt leiten zu lassen. Seit seinen Kommentaren über einen Richter mit mexikanischen Wurzeln und seinem Vorschlag, Muslimen grundsätzlich die Einreise in die USA zu verwehren, was er nach dem Massaker in Orlando noch einmal unterstrich, bläst ihm selbst aus der eigenen Partei ein harter Gegenwind entgegen.
Wir wollen nicht zurück in die Zeiten, als nur reichen oder besonders intelligenten Menschen der Weg zu den Fleischtöpfen der Gesellschaft erlaubt und Bildung zur Abgrenzung gegen das gemeine Fußvolk benutzt wurde. Aber irgendwie beschleicht einem gerade das Gefühl, dass das Pendel in das entgegengesetzte Extrem ausschlägt.
Es ist legitim, dass man versucht, auf Gebieten, auf denen man sich nicht auskennt, sich irgendwie eine Meinung zu bilden. Aber wie kann man glauben, dass jede Meinung gleichwertig ist? Wie kann es sein, dass „ich hab da mal was in der Zeitung und im Fernsehen gesehen“ auch nur annähernd gleichwertig ist zu einer fundierten Meinung, die auf einer jahrelangen Ausbildung und Berufserfahrung beruht?! Das ist ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die Bildung noch für ein erstrebenswertes Gut halten. Bildung war gestern, heute zählt die Meinung und mag sie noch so intellektuell unfundiert sein.
Die Wahrheit ist: wir sind denkfaul geworden. Wir sind gar nicht mehr in der Lage, uns eine eigene Meinung zu bilden.
Eine Gesellschaft, in der alle darauf achten, bloß keinem wehzutun und sich in sinnentleertem Wohlfühlgedusel ergehen und jenes für weiß Gott wie sachlich halten, während am Rand die Feinde der Aufklärung unbehelligt am Ast sägen, auf dem wir sitzen, die darf sich nicht wundern, wenn sie an ihrer eigenen Bequemlichkeit und Feigheit erstickt.
Politikwissenschaftler, die unter dieser Meinungsdiktatur wohl sehr zu leiden haben, mögen ausrufen: „Dann bildet Euch erst einmal eine eigene Meinung. Das meiste, was Ihr von Euch gebt, ist eh nur unreflektiert aus Presse und Fernsehen nachgeplappert!“.
So unglaublich es scheinen mag: diese Wahl in den Vereinigten Staaten ist offen! Alles kann passieren. Auch ein Präsident Donald Trump, ein Vorbote der Idiokratie.