Alle Welt redet von den vielen ankommenden Flüchtlingen. Aber immer mehr wollen auch wieder zurück. Am Berliner Flughafen etwa starten jede Woche Dutzende in den Irak. Sie haben genug von Deutschland.
Vor sechs Monaten verließen sie ihr Land zu Fuß und per Schlauchboot in Richtung Deutschland. Heute fliegen sie zurück.
Auf die Frage eines Polizisten, ob man nach Deutschland zurückkommen wolle, ist die Antwort ein klares „Nein!“.
Ganze Gruppen stehen vor den Schaltern, wo der Check-In für Maschinen nach Erbil und dann weiter nach Bagdad stattfindet.
Fast ausschließlich Männer warten hier, darunter Dutzende irakischer Flüchtlinge. Mitarbeiter der Iraqi Airways schlängeln sich zwischen den Menschen durch.
Die Männer kaufen sich auf den letzten Drücker für 295 Euro ihre Tickets für die Rückkehr in die Heimat; zahlen mit 500-Euro-Scheinen.
Ein weiterer Flüchtling hat sein Ticket im Voraus besorgt. Dabei dürfte er mit seiner Aufenthaltsgenehmigung mindestens noch ein halbes Jahr in Deutschland bleiben.
Aber er hat genug: Die Behandlung am LaGeSo sei sehr schlecht, erzählt er auf Arabisch von den Zuständen am berüchtigten Landesamt für Gesundheit und Soziales in Berlin, ein Freund übersetzt. Außerdem habe er gehofft, dass er seine Frau und seinen kranken Vater nachholen kann, das sei aber nicht möglich.
Er sei gekommen, um zu bleiben, berichtet ein Kurde aus Kirkuk. Aber Deutschland tue nichts für ihn. Es gebe sehr viele Iraker, die wie er Deutschland den Rücken kehrten.
„Freiwillige Ausreisen in Krisenländer sind keine Einzelfälle“, sagt Johann Ehrnsperger vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg. Auch nach Pakistan und Afghanistan gingen Menschen zurück.
Meistens ist die Familie die treibende Kraft. Außerdem kämen viele mit überhöhten Erwartungen nach Deutschland.
Statistisch erfasst werden nur Flüchtlinge, die ein spezielles Rückkehr-Förderprogramm von Bund und Ländern in Anspruch nehmen. Daher gibt es keine verlässlichen Zahlen über die tatsächlichen Rückkehrer.
Ein Recht darauf hat nur, wer sich die Reise sonst gar nicht leisten kann.
Im vergangenen Jahr nutzten nach Angaben des Bundesamtes mehr als 37.220 Menschen das Angebot; die meisten stammen aus den Balkanstaaten. Syrer können sich derzeit nicht bei der Rückkehr in ihr Heimatland unterstützen lassen. Die Sicherheitslage dort lässt dies nicht zu.
In den letzten zwei Monaten 2015 machten rund 377 Iraker von der Förderung Gebrauch.
Viele buchen ihre Reise aber auf eigene Faust. Ein Inhaber eines Reisebüros in der Nähe des LaGeSo in Berlin hat nach eigenen Angaben allein mehr als 400 irakischen Flüchtlingen den Weg zurück ermöglicht.
Seit vier Monaten bietet er Tickets für Flüge nach Erbil und die irakische Hauptstadt an. Zu ihm kämen täglich 10 bis 15 Flüchtlinge.
Die Flüchtlinge hätten sich das ganze komplett anders vorgestellt, berichtet er.
Im Herbst letzten Jahres verzeichneten die irakischen Vertretungen in Deutschland sprunghaften Besucherandrang. Immer mehr Iraker lassen sich Reisepapiere für die Rückkehr ausstellen.
Hatten sie von Januar bis Oktober insgesamt nur rund 150 solcher Dokumente ausgehändigt, waren es allein im vierten Quartal 1.250. Das Auswärtige Amt bestätigt entsprechende Medienberichte.
Viele aber sind noch hin- und hergerissen. Schließlich sei das Leben im Irak alles andere als sicher.