Fast zwei Milliarden Mobiltelefone werden 2015 rund um den Globus über die Ladentheken gehen. Anders ausgedrückt: Ungefähr ein Viertel der Erdbevölkerung legt sich ein neues Handy zu, in der Regel ein Smartphone.
Am begehrtesten ist das iPhone: Die neueste Variante 6S gibt es seit 25. September. Wie immer in den vergangenen Jahren haben Tausende weltweit vor den Apple-Läden im Schlafsack übernachtet, um gleich früh am Morgen ihr neues Gerät zu ergattern. Ob Apple den Erfolg des Vorjahres toppen kann ist fraglich. Die Messlatte liegt hoch: 2014 hat der Konzern aus Kalifornien im letzten Quartal 34.000 iPhones verkauft – pro Stunde!
Wenn sich die Prognosen von Analysten bewahrheiten, dann nähert sich der Smartphone-Boom seinem Ende. Die tragbaren Alleskönner werden von neuen Geräten verdrängt: Statt das Mobiltelefon bei sich zu tragen werden die Leute in rund zehn Jahren zur Datenbrille greifen. „Die Brille wird zum Handy“ (Annette Zimmermann).
Es erscheint verwegen, könnte aber bald schon Wirklichkeit werden. In ein paar Jahren werden die ersten wirklich attraktiven Datenbrillen auf den Markt kommen, da sind die Experten überzeugt.
Viel Arbeit für die Entwickler: An den Bildschirmen muss gearbeitet, die Computerchips müssen kleiner und leistungsfähiger werden, gleiches gilt für die Akkus. Bei ansprechender Optik und langer Standby-Zeit werden die Käufer wirklich zugreifen.
Bis heute sind die Geräte noch kaum verbreitet. Google etwa hat seine Brille Google Glass still und leise wieder im Etui verschwinden lassen. Andere Projekte haben sich erheblich verzögert. Die klobigen amerikanischen Geräte ähneln Skibrillen, taugen nichts für Otto-Normalverbraucher, Adressaten sind eher Ingenieure der IT-Branche und Computerspieler.
Der Nutzer lebt mit ihnen in einer imaginären 3D-Welt. Der Verkauf soll Anfang 2016 beginnen. Der Softwarekonzern Microsoft hat ein ähnliches Projekt, „HoloLens“, angekündigt.
Wer durch die Elektromärkte schlendert findet eventuell schon heute vereinzelt Datenbrillen von Zeiss und Samsung. Die breite Masse der Käufer greift aber nach wie vor noch zu Smartphones.
Kunden werden sich für die Apparate interessieren, sobald überzeugende Brillen angeboten werden. Steigen die Sückzahlen, fallen die Preise, analog den Smartphones entsteht ein gigantisches Geschäft. Das große Vorbild 2007 war das iPhone, das den Durchbruch für jene Gerätekategorie brachte.
Klartext: Was wir heute mit dem Handy erleben, das passiert künftig direkt vor unseren Augen auf der elektronischen Brille. Das Internet der Dinge wird sich in den nächsten Jahren ebenfalls entwickeln. Das heißt: Milliarden Computer aller Art werden miteinander verbunden und liefern Informationen. So kann die Datenbrille Touristen zum Beispiel zu Sehenswürdigkeiten führen und Erläuterungen zu jenen geben, wo sie sich gerade befinden. Natürlich kann man mit der Brille auch telefonieren und fotografieren.
Die Möglichkeiten sind unbegrenzt. Die Brille kennt unsere Gebrechen und unseren Gesundheitszustand in- und auswendig. Der gläserne Bürger! Trotzdem konnte sich in einer Umfrage schon ein Fünftel der Bundesbürger vorstellen, ein solches Gerät einmal zu besitzen.
Wie sich heute das iPhone über die Sprachsoftware Siri steuern lässt und das neue Windows-Betriebssystem per Cortana, so wird die Brille künftig das machen, was ihr der Träger mit seinen Worten befiehlt. Unser Leben wird sich grundlegend verändern.
Die Nutzer werden durch die Straßen laufen, sich in die U-Bahn quetschen oder am Strand liegen und vor sich hinlabern. Eine Horrorvorstellung, heute! Andererseits: heute ist es völlig normal, dass alle Welt ständig aufs Telefon starrt.
Dennoch: Google Glass sorgte für viel Aufregung, selbst im für Datenschutz nicht unbedingt empfänglichen Amerika. Dort wurden Nutzer sogar aus Kneipen geworfen, weil die Gäste befürchteten, unbemerkt gefilmt zu werden.
Wir werden sehen!
© Thomas Dietsch