Liebe Künstler,

als Komponist gehört Richard Strauss sicherlich zu den ganz Großen,Pierre Mathias als Mensch war er leider ein Opportunist. In seiner Position hätte er, wie Thomas Mann, Widerstand gegen die Schurken des Naziregimes leisten müssen, aber er hat sich verleiten lassen und wurde als Flaggschiff des 3. Reichs hochstilisiert. Gewiss, er war sicherlich kein glühender Anhänger, aber er ist ganz einfach mit geschwommen. Er war sich bis zu seinem Tod nicht bewusst, welchen Schaden er damit angerichtet hat. Wenn Künstler immer wieder behaupten, dass sie mit der Politik nichts am Hut haben, lassen sie sich von einer Illusion beflügeln. Jeder kreative Mensch ist involviert und trägt eine große Verantwortung, umso mehr, wenn er Zugang zur Öffentlichkeit hat und das war der Fall bei Richard Strauss. Ich möchte dieses Beispiel nehmen, um euch, liebe Künstler, zu animieren, immer aktiv zu sein, wenn die politische Lage droht aus dem Ruder zu laufen.

Die Haltung von Richard Strauss war umso mehr unerklärlich, dass er die Nazis bei weitem nicht brauchte, um Karriere zu machen. Er war schon längst bekannt, als sie an die Macht kamen. Wäre er ein glühender Anhänger gewesen, hätte ich – mit schwerem Herzen – seine Haltung verstehen können, aber nicht mal das war der Fall und da kommen wir zum Begriff Opportunist. Es ist ein Mensch, der vor allem nur an sich denkt, seine Vorteile höher stellt, als das Gemeinwohl und das ist in diesem Fall peinlich. Ich werde weiterhin seine Musik gerne haben, seine Opern schätzen, aber mit einem gewissen Nachgeschmack und hier stoßen wir an eine grundsätzliche Frage: inwieweit kann sich das Werk von seinem Schöpfer distanzieren? Muss der Mensch ethische Qualitäten haben, um seine Kreativität zu entfachen? Die Geschichte hat uns anders gelehrt: Der französische Schriftsteller Louis-Ferdinand Céline war genial in seinem Fach, aber als Wesen war er schlicht gesagt schauderhaft, denn er hat ohne zu zucken, Menschen der Gestapo ausgeliefert.

Richard Strauss hat niemanden denunziert, er hat manchen geholfen, aber er war in der Lage, weiter zu komponieren, in einer Zeit, in der in Auschwitz Millionen von Tote „produziert“ wurde und schon diese Tatsache ist für mich kaum begreiflich. Wenn er mit Goebbels sprach, musste er genau wissen, dass gerade diese Gestalt die Bücherverbrennung veranlasst hatte, dass er den Tod der Kultur und der dazugehörigen Menschen veranlasst hatte. Ihm die Hand zu reichen, ist nicht nur peinlich, es ist kriminell. Es tut mir leid dies über Richard Strauss zu schreiben, denn zweifelsohne gehört er mit Recht zu den großen Komponisten. Deshalb mache ich es mir schwer, seinen 150. Geburtstag zu feiern und hätte lieber gehabt, darüber zu schweigen. Das kann ich aber nicht, weil gerade Menschen wie sie, eine Gefahr bedeuten und durch seine Passivität hat Strauss Hitler eine Kaution gegeben, die nicht tragbar ist. Er hat dazu beigetragen, dass er salonfähig wurde. „Wenn er es schon tut, warum wir nicht!“ Viele haben sicher so reagiert, anstatt laut und stark zu protestieren. Selbst die Bücherverbrennung und die abartige Kunst wurden geschluckt.

//pm

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