Liebe Zauderer,

nie eine Meinung vertreten, nie Farbe bekennen, immer eine Mehrheit abwarten, das führt zur Willkür und zur Intoleranz. Hitler brauchte seine Schafe um an die Macht zu gelangen. Auch wenn die Neutralität als ein Merkmal der Ausgewogenheit bezeichnet wird, ist sie Gift, denn sie lässt ganz einfach zu, dass machtgierige Menschen das Ruder übernehmen. Die Zauderer sind immer die Auslöser der Katastrophen, weil sie ganz einfach nicht eingreifen, wenn es noch Zeit wäre und wenn es zu einem Zusammenbruch kommt, jammern sie. Das hätten sie doch nicht gewollt! Vergessen aber, dass die Demokratie nur mit einer starken Portion Zivilcourage zu stützen ist. Das ist eine Frage der Einstellung, einer Lebenshaltung, die von frühsten Kindheit erlernt werden muss, wer sich duckt, braucht sich nicht zu beklagen, verarscht zu werden.

Wir befinden uns in Europa in einer gefährlichen Zeit und der Rechtspopulismus gewinnt jeden Tag an Bedeutung. Die Mehrheit der Bevölkerung schweigt, sie lässt sich vom Luxus blenden und vergisst, dass der Extremismus in solche Zeiten gedeiht. Vielleicht, liebe Zauderer, weil die Leute sich einfach langweilen. Forsche Sprüche geben ihnen einen Kick und das ist auch das Spiel mit dem Feuer. Was hier getrieben wird, ist russisches Roulette, diese Haltung ist nicht nur schädlich, sie ist schlicht gesagt völlig unverantwortlich. Ich merke immer mehr bei einiger meinen Bekannten, dass sie lieber mit mir, unter vier Augen, ihren Unmut kundgeben, aber wenn es darum geht, öffentlich Farbe zu bekennen, ziehen sie die Fahne ein – das ist sehr bequem. Niemand kann sie dafür belangen und wenn es zu einem Kurzschluss kommt, haben sie nichts gesagt und arrangieren sich mit der Lage, ist das legitim?

Feigheit ist kein probates Überlebensmittel und wenn eine ganze Nation sich von ihr infizieren lässt, steuert sie in den Abgrund. Nur eine Gesellschaft, in der Widerstand spürbar ist, kann die Probleme der Zukunft lösen. Eine ständige Infragestellung ist ein Anreiz zu einer intellektuellen Auseinandersetzung und die wird unbedingt benötigt um neue Zielsetzungen auf die Beine zu stemmen. Wenn das nicht möglich ist, verkommt das System und verwandelt sich in einen Selbstbedienungsladen und hier fängt schlicht ausgedrückt, die Dekadenz an. In Deutschland ist die Lage noch halbwegs stabil, anders in Frankreich, Holland oder Ungarn. Wenn Leute sich frustriert fühlen, greifen sie zu den Mitteln der Gewalt, zuerst verbal, dann körperlich, und hoffen somit ihre Passivität zu überbrücken. Nein, soweit darf man es nicht kommen lassen. Mit meinem Appell möchte ich die Menschen erreichen, die die Klappe aus Bequemlichkeit zu halten. Sagt einfach was ihr meint und bringt endlich ein wenig Schwung in den Brei, aber dafür müsst ihr auch etwas leisten. Es reicht nicht, zu kritisieren, man muss aktiv werden, mitgestalten, sich anstrengen und nicht nur an seinen Wohlstand denken. Das Beste wäre sich, unmittelbar in der Nähe zu engagieren und um etwas beizutragen um seine Nächsten dienlich zu sein.

//pm