Liebe Kommunalpolitiker,
in der letzten Zeit wird immer mehr über die Jugendgewalt berichtet, es sollen voriges Jahr 70000 Angriffe gegeben haben. Wenn sie nicht politisch gelenkt wurden, sind die Ursachen der Frust, die Hoffnungslosigkeit und die Langweile. Eine Zeitbombe! Da es sich oft um Minderjährige handelt, fallen die Strafen – selbst bei einem Todesfall – ziemlich milde aus. Für die Familie eines Opfers, eine unerträgliche Tatsache. Die Justiz tut sich dabei schwer, weil sie nicht nur repressiv sein will. Sie will erziehen? Ist das überhaupt möglich? In vielen Fällen sind die Täter nicht bereit, ihre Schuld zu erkennen und sie wären selbst geneigt, ihre Aggressivität neu zu entfachen. Was ist der Grund dafür? Wenn sie von einem unterprivilegierten Umfeld stammen, sehen sie ihre Revolte als einzigen Ausweg aus der Lage, in der sie sich befinden. Natürlich ist das eine niederträchtige Illusion. Kurzfristig kann man solche Wesen nur aus dem Verkehr ziehen, langfristig ist eine Integration in die Gesellschaft Voraussetzung und das klappt nur, wenn es Chancen auf eine bessere Zukunft gibt. Hier reichen gut gemeinte Worte nicht, das Handeln ist ein absolutes Muss.
Und jetzt seid ihr dran, liebe Kommunalpolitiker. Wenn ihr nicht wollt, dass eure Gemeinde zum Schlachtfeld wird, müsst ihr euch etwas einfallen lassen und die Jugendarbeit muss erweitert werden. Ich weiß, das macht ihr schon, aber offensichtlich ist das ungenügend. Viel mehr Streetworker sollten unterwegs sein und den Versuch unternehmen, die Jugendlichen neu zu motivieren. Es reicht bei weitem nicht, nur Einrichtungen, wie Klubs zu finanzieren – vor Ort muss etwas geschehen und auch bei den Erziehungsberechtigten, die in diesen Fällen überfordert sind. Das kostet ein Haufen Geld, auch wenn Freiwillige mitmischen, aber es wird noch viel teurer und gefährlicher, wenn nicht gehandelt wird. Die französischen Vorstädte sind ein Beispiel dafür. Radikale religiös-angehauchte Kräften nutzen die Aggressivität aus, um sie für ihre Zwecke umzulenken. Das passiert auch in Rheinland-Westfalen, hier sollten die Gemeinden nicht sparen. Wenn sie es tun, entstehen Ghettos, in denen jede Staatsmacht unterlaufen wird. Es gibt Stadtvierteln um Paris oder Marseilles, in denen weder die Polizei, noch die Feuerwehr sich hinein wagen und in denen es keine medizinische Vorsorge mehr gibt.
Ein Populist würde sagen: Hahn zu für die Ausländer – nur die Einheimischen sollen Fürsorge erhalten. Ich fände solch eine Äußerung fatal, weil damit die Problematik der Gewalt erweitert werden würde und das ist nicht die Antwort. Gerade die Ausgrenzung und der Rassismus steigern den Unmut. Wer so argumentiert, ist nicht nur intolerant, er bringt unsere ganze Gesellschaft ins Wanken. Es geht vielmehr darum, junge Leute davon zu überzeugen, dass sie eine wichtige Rolle zu spielen haben. Eine Lösung wäre es, sie viel mehr in das politische Geschehen einzubeziehen und ihnen klar zu machen, dass sie für die Kollektivität auch eine Verantwortung tragen. Nur mit Repressionen wird es keinesfalls klappen – geben wir ihnen also die Mittel, ihre Wut zu bändigen.
//pm