Terroranschläge kosten nicht viel. Das FFnI, das norwegische Forschungsinstitut des Verteidigungsministeriums, wertete Anschläge von 40 Dschihadistenzellen in Europa zwischen 1994 und 2013 aus. Ergebnis: Terroristen brauchen für Planung und Durchführung von Attentaten keine großen Summen. Drei Viertel der Anschläge kosten weniger als 10.000 Dollar. Das teuerste sind Waffen und Sprengstoff.

Der Islamische Staat (IS) braucht im Irak und Syrien dennoch Millionen. Man muss seine Existenz sichern, die Stammesfürsten bei Laune halten, Logistik, Trainingscamps und Waffen finanzieren.

Um die Verbrecher zu bekämpfen, muss man ihnen die Finanzquellen abschneiden, den Geldfluss unterbinden. Auf dem jüngsten G20-Gipfel in Antalya machten die Staats- und Regierungschefs den Kampf gegen die Terrorfinanzierung zu einem der Hauptthemen. Präsident Erdoğan wollte das Thema ganz oben auf der Agenda haben

Gründe dafür gab es genug: die Anschläge in Ankara Anfang Oktober, der Absturz des russischen Touristenfliegers über dem Sinai und jetzt die Angriffe in Paris.

Neu ist diese Forderung nicht. Seit 9/11 in New York will die westliche Welt den internationalen Terrornetzwerken die finanzielle Basis entziehen. Wenige Wochen nach dem Anschlag 2001 verabschiedeten die G7-Staaten einen Aktionsplan. Ergebnis: In 150 Staaten wurden Konten mit Guthaben von mehr als 100 Millionen Dollar eingefroren. Die Financial Action Task Force (FATF), eine Unterorganisation der OECD, die sich um Geldwäsche kümmert, präsentierte Richtlinien für den Kampf gegen die Terrorfinanzierung.

Finanzielle Unterstützung von Terroristen wird unter Strafe gestellt, Gelder beschlagnahmt.

Trotz aller Anstrengungen konnten Terrornetzwerke wie der IS entstehen, in den vergangenen Jahren organisierten sich in Nord- und Westafrika radikale Netzwerke wie Ansar Bait al Maqdis in Ägypten oder Boko Haram in Nigeria. Das Grundproblem: Terrorismus ist transnational, seine Finanzströme auch.

Leider sind die Vorgaben der FATF rechtlich nicht bindend, sondern nur ein Empfehlungskatalog. Auch Deutschland ist noch dabei, den Katalog aus dem Jahr 2012 abzuarbeiten. Erst diesen Sommer machte die Bundesregierung unter anderem die Terrorfinanzierung zu einem Straftatbestand. Sie steht unter Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren.

Laut aktueller Bilanz der FATF haben nur etwas mehr als die Hälfte der untersuchten Organisationen, darunter die bisher 34 Mitgliedsstaaten, Terrorfinanzierung unter Strafe gestellt, Sanktionen werden viel zu selten verhängt. Beim Einfrieren von Geldern sieht es nicht anders aus: Saudi-Arabien führt das Ranking an, Konten mit mehr als 31 Millionen Euro wurden gesperrt. Danach folgen die USA mit rund 20 Millionen Euro. Deutschland hat über die Bundesbank gerade einmal 5.300 Euro sperren lassen. Die Liste ist lückenhaft.

Zudem scheitert die Umsetzung oft an mangelnder Koordination. In Deutschland ist es schon eine Herausforderung, zwischen Bund und Ländern für einen effizienten Informationsaustausch zu sorgen. Auf internationaler Ebene ist das Ganze noch schwieriger.

Vor allem aber sind die Terroristen inzwischen sehr erfolgreich, informelle Wege für ihre Geldtransfers zu erschließen. Klassische Finanzierungswege, wie etwa die Unterstützung durch reiche Einzelpersonen oder islamische Wohlfahrtsorganisationen existieren weiterhin, unter anderem für Al-Kaida und das Hawala-System.

Die meisten Terrororganisationen nutzen zunehmend digitale Methoden. Auf Bankkonten sind sie nicht mehr angewiesen.

Die digitale Währung Bitcoins spielt hier eine bedeutende Rolle. Hierdurch machen sich die Terroristen derzeit unangreifbar.

Den IS von Geldzuflüssen aus dem Ausland abzuschneiden, fällt allein schon deshalb schwer, weil sich die Terrororganisation inzwischen zum Großteil selbst finanziert: Der IS hat in seinen Herrschaftsgebieten im Irak das bestehende Besteuerungssystem übernommen, das oft Erpres-

sung ähnelt. Nach Informationen von FATF verteilt er mit akkurater Buchführung seine Einnahmen. Er beutet heimische Ölvorkommen aus und lebt von Bargeldreserven aus Beutezügen. Wenn kein Konto im Spiel ist, hilft das beste Überwachungssystem nichts.

Der Islamische Staat ist eine Beute-Ökonomie. Er muss ständig neue Gebiete erobern, um sie zu plündern. Hieran ging bereits das Römische Reich zugrunde. Wenn man den Schmuggel vollständig unterbindet, wird der IS über kurz oder lang implodieren.

Wichtig ist weiterhin, mit militärischen Anschlägen Ölförderanlagen, Raffinerien und Pipelines des IS lahmzulegen. Es kostet den IS circa 230.000 US-Dollar, um eine Raffinerie wieder aufzubauen, das schwächt diesen extrem.

Die Verbrecherorganisation IS muss finanziell unattraktiv werden. Wenn lokale Stammesfürsten keine Privilegien mehr erhalten, werden sie sich von ihm ab- und dem Westen zuwenden. Um 2005 ist es den Vereinigten Staaten im Irak gelungen, lokale Machthaber auf ihre Seite zu ziehen. Eine solche Entwicklung ist der GAU für Terrororganisationen. „Scheitert der IS, dann implodiert ein Symbol für die Islamisten“, laut Peter Neumann, Terrorismusexperte vom King’s College in London..