Ich weiß, dass dies die x-te Grexit-Diskussion ist. Aber das Völkchen beschäftigt mich: Wollen wir es in der Euro-Zone behalten oder nicht? Wollen die Griechen überhaupt bleiben? In der Europäischen Union werden sie bleiben. Das ist unstrittig.
Aus der EU und der Euro-Zone rausschmeißen kann man sie nicht. Das sehen die Verträge über die Europäische Union nicht vor. Die Frage ist auch, ob dies Sinn macht. Zum Beispiel in Deutschland führte die Einführung des Euro dazu, dass die Exportwirtschaft zu 90 Prozent stieg. Das ist eine Entwicklung, an der auch Tausende von Arbeitsplätzen hängen. „Rückkehr zur D-Mark und alles ist wieder gut!“ bedeutete ein Fiasko. War zu Kanzler Schmidts Zeiten der Anteil des Exports an der gesamtwirtschaftlichen Leistung noch circa ein Viertel, so ist er heute fast die Hälfte. Und auch die Inflationsrate zehn Jahre vor Einführung des Euro war höher als von 2002 bis 2012. „Euro = Teuro!“ ist also auch Quatsch. Das sind positive Aspekte des Euros für die deutsche Wirtschaft. In Griechenland sieht das natürlich anders aus. Aber: auch in diesem Land hat der Euro zu Veränderungen geführt. „Zurück zur Drachme!“ ist nicht das Wunderheilmittel. Auch die griechische Wirtschaft hat sich jahrelang europäisch entwickelt. In Europa hängen wir – vornehmlich in der Euro-Zone – zusammen. Das heißt, wenn es einem Land schlecht geht, wirkt sich das auf andere stärker aus, als wenn dies nicht so wäre. Deswegen gibt es auch die Rettungsschirme, hier zeigt man eine gewisse Solidarität untereinander.
Die Griechen und Europa? Brauchen die Griechen diese Währung? Eine schwierige Frage! Die Griechen sind eigentlich die Ur-Europäer, will heißen, vieles von heute geht zurück auf griechische Anfänge. Zum Beispiel die Kultur! Günter Grass und Martin Walser hatten seinerzeit darauf hingewiesen. Selbst die reichen Römer nahmen sich schon griechische Sklaven als Hauslehrer.
Die Drachme! Ein Ausstieg Griechenlands aus dem Euro bedeutet, dass die Griechen eine neue nationale Währung brauchen. Und hier gibt es Stimmen, die es den Griechen nicht zutrauen, eine eigene Währung zu verwalten. Nicht zuletzt der griechische Staatspräsident Pavlopoulos hat sich neulich für den Verbleib in der Euro-Zone ausgesprochen.
Wirtschaftlich gesehen gibt es zwei Alternativen: Entweder man passt die Leistungsfähigkeit des Landes der Währung an oder die Währung der nationalen Leistungsfähigkeit. Die Konvergenzkriterien erfüllen die Griechen nicht. Und sie werden sie auch auf längere Sicht nicht erfüllen können. Allein die Staatsverschuldung stieg von 48 Milliarden Euro 330 Milliarden Euro in den vergangenen fünf Jahren (Manager Magazin 15.06.2015). Geht Griechenland wirtschaftlich krachen, wird das die restlichen europäischen Länder einiges kosten. Nach Ifo-Chef Sinn „ist das Experiment gescheitert“. Für Deutschland beträgt in diesem Fall der maximale Ausfall 87 Mil-liarden Euro.
Die Angst vor den wirtschaftlichen Folgen eines Grexits ist größer als jene vor solchen eines Verbleibs der Griechen in der Euro-Zone. Bei einem Austritt aus der Euro-Zone und der Einführung einer nationalen Währung kann man diese abwerten. So erfolgte eine Anpassung der Währung an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Das führt in der Regel zu einer wirtschaftlichen Erholung. Zumindest kurzfristig! Was nach dieser Phase kommt, ist Spekulation und Diskussion am Modell.
Griechenland muss eines tun, ob Grexit oder nicht: Die Reichen müssen zur Kasse gebeten werden. Milliardäre zahlen in Griechenland kaum Steuern. Und Griechenland hat viele davon! Hier gilt es, Steuerschlupflöcher zu schließen. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer und Rentenkürzungen allein können kaum etwas bewirken. Sie sind der sogenannte „Tropfen auf den heißen Stein“. Bei einer Streckung der Laufzeiten der Kredite, die das Land erhalten hat, wird jenes nach einer Erholungsphase in der Lage sein, seine Verbindlichkeiten zu bedienen.
© Thomas Dietsch