Befragt man junge Amerikaner, dann frappiert die Ahnungslosigkeit über Basics der jüngeren Geschichte. Doofe Amerikaner?! Wohl denn … Vor ein paar Jahren ließ das Magazin „Newsweek“ 1.000 Amerikaner, die als Wähler registriert waren, jenen Test machen, den in den Vereinigten Staaten jeder Neueinwanderer absolvieren muss.

Das Resultat: Ein Drittel der Befragten kannte den Namen des Vizepräsidenten nicht. Die Hälfte hatte keine Ahnung, dass die ersten zehn Zusatzartikel zur Verfassung als „Bill of Rights“, als Grundrechtekatalog, bezeichnet werden. Und nur ein Drittel wusste überhaupt, dass es sich bei der amerikanischen Verfassung um das höchste Gesetz der Vereinigten Staaten handelt.

Aber es ist ja nicht nur so, dass viele Amerikaner den Namen John F. Kennedy nicht kennen und überdies keine Ahnung haben, in welchem Jahrhundert Ulysses S. Grant die Unionsarmee befehligte.

Die Gründungsväter Amerikas wussten, dass gute Schulen die Voraussetzung sind, damit das Experiment „demokratische Republik“ auf längere Sicht eine Chance hat.

Thomas Jefferson glaubte, dass die „nützlichsten Tatsachen der griechischen, römischen, europäischen und amerikanischen Geschichte“ fest im Gedächtnis der Kinder verankert werden müssten. Das ist heute nicht mehr der Fall.

Sind wir zu Amerika-Bashing berechtigt? Mitnichten! Auch bei den Deutschen herrscht akuter Bildungsnotstand. „Wer aus Geschichte nichts lernt, riskiert die Demokratie“ (Axel Springer). Welch Ironie, kommt diese Mahnung doch von jemandem, der getrost als absoluter Monarch betrachtet werden darf.

Die Feststellung selbst ist natürlich richtig. Wer aus Geschichte nichts lernt, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen – dieses Diktum besitzt wohl allzeitige Gültigkeit. Und weil dem so ist und gerade im Hause Springer die historische Lernkurve nachweislich sogar noch flacher verläuft als Häschenwitze, darf man sich über diverse Wiederholungen eigentlich längst überwunden geglaubter Dummheiten nicht wundern: So gibt man sich in diesem zwielichtigen Milieu zum Beispiel schon seit geraumer Zeit alle Mühe, an einem weiteren Alleinschuldmythos zu stricken – nämlich dem russischen, demzufolge Moskau ganz alleine für die Situation in Syrien und der Ukraine verantwortlich zeichnen soll, was umso verwunderlicher erscheinen muss, da die bei Springer in solchen Angelegenheiten liebevoll gepflegten Bildungsnotstände von der vor lauter Amerikahass stets schäumenden Restwelt – also allem, was direkt vor der Eingangstür zum Redaktionsgebäude beginnt – eigentlich längst behoben wurden.

Die Tatsache beispielsweise, dass es sich in Syrien keineswegs um einen „Bürgerkrieg“ handelt, sondern um einen von außen ins Land getragenen, wertegemeinschaftlich vorgeglühten und im weiteren Verlauf emsig geschürten. Schon seit mehreren Jahren wird nicht nur in der ausländischen, zum Beispiel der britischen und französischen Presse, sondern sogar in der amerikanischen selbst über die Hintergründe diverser vermeintlich „nicht-staatlicher“, „unabhängiger“ Castingterrorgruppen diskutiert. Offensichtlich ist man nirgendwo mehr sicher. Überall lauern Verschwörer, um die amerikanische Weltordnung zu zersetzen. McCarthy sieht hier aus wie ein Anfänger. Im Kongress und Repräsentantenhaus gab es zu den hochinteressanten finanziellen und waffenlogistischen Versorgungskanälen nicht nur in Syrien tätiger humanitärer Schießbudenfiguren zahlreiche Anhörungen.

Das gilt nicht weniger für den Irakkrieg, den als illegale Invasion, als zudem auf nichts als erlogenen „Beweisen“ basierenden Angriffskrieg zu bezeichnen sich mittlerweile noch nicht mal mehr Mainstream-Historiker scheuen.

Dieselben Lücken klaffen seit Jahren in den Berichten aus Afghanistan vor sich hin. Der Philosoph Peter Sloterdijk hatte recht, als er sagte, der „Lügenäther“ sei „so dicht wie seit den Tagen des Kalten Krieges nicht mehr“. Mithin darf man doch sicher fragen, aus welchem Hut ausgerechnet Geschichtsabstinenzler eines Blättchens, das nun schon seit Jahren den Lesern unablässig eine gepflegte, dezidiert lernbewusste Kriegsstimmung gen Russland einzutrommeln versucht, sich das Recht herzaubern, anderen diesbezüglich Wissenslücken vorzuwerfen.

Ehemalige Schwänzer des Geschichtsunterrichts sollten für dieses Fach lieber keine Lehrpläne aufstellen.