Corporate Identity

Corporate Behavior, – Communication, – Culture, – Design und einiges mehr. Fremdwort über Fremdwort. Unternehmen wollen sich auf dem Markt von anderen abheben, eine eigene Persönlichkeit entwickeln. Man spricht der Firma quasi menschliche Eigenschaften zu, trägt gleiche Kleidung, die Fassaden der Filialen sind gleich und nicht zuletzt spricht man die gleiche Unternehmenssprache. Man hat sozusagen das eigene, gleiche Vokabular. Dem Kunden brennt sich dies in das Gehirn, man setzt auf den Wiedererkennungseffekt. Dadurch stärkt das Unternehmen sein Image und seine Stellung auf dem heiß umkämpften Markt. Die Merkmale der Corporate Identity werden streng gehandhabt, es darf kein Mitarbeiter aus der Reihe tanzen. Nur so funktioniert die Marktstrategie.
2008 bewarb sich in Oklahoma eine damals 17-jährige Muslimin bei der Modekette Abercrombie & Fitch um einen Job, wurde aber abgelehnt. Der Grund: die Frau weigerte sich, ihr Kopftuch während der Arbeitszeiten abzusetzen. Das Unternehmen hatte erklärt, dass jede Art von Kopfbedeckung gegen die Kleiderordnung für dessen Mitarbeiter verstoße. Die Bewerberin wisse, dass sie sich bei dem Job im „Abercrombie-Stil“ präsentieren müsse.
Hieraufhin zog diese vor Gericht. Sie vermutete hinter der Ablehnung religiöse Diskriminierung. Mit Unterstützung der EEOC, der US-Behörde für gleiche Chancen in der Arbeitswelt, strengte die abgelehnte Jobkandidatin eine Klage an. In erster Instanz bekam sie eine Entschädigung von 20.000,– US-Dollar zugesprochen. Das Berufungsgericht hob das Urteil auf. Nun landete die Sache vor dem Obersten Gerichtshof der USA, dem Supreme Court. Der gab der Frau Recht.
Die Gewerbefreiheit – mithin das Recht, seinen Betrieb so zu betreiben, wie es einem gefällt – kollidiert hier mit dem Recht auf freie Religionsausübung. Und letztere wiegt schwerer; so der Supreme Court. Mit einer Mehrheit von acht der neun Obersten Richtern der Vereinigten Staaten gab man dem Recht auf freie Religionsausübung den Vorzug. Anders ausgedrückt: die betriebliche Kleiderordnung muss quasi der betrieblichen weichen. Die Muslimin wurde also religiös diskriminiert.
Abercrombie hatte argumentiert, dass die Kandidatin im Bewerbungsgespräch nicht ausdrücklich angesprochen habe, dass sie aus religiösen Gründen ein Kopftuch tragen wolle. Daher könne dem Unternehmen auch keine religiöse Diskriminierung vorgeworfen werden. Dies sah der Supreme Court anders. Ein Bewerber müsse nicht beweisen, dass Abercrombie über ihre Religion informiert gewesen sei, schrieb Richter Antonin Scalia in dem Urteil. Es reiche bereits, dass das Kopftuch ein „motivierender Faktor“ für die Entscheidung der Modekette gewesen sei. Die Richtung ist geklärt, die Sache wurde nun zurückverwiesen an die erste Instanz, den Appeals Court. Der muss jetzt noch die Feinheiten klären.
Man darf gespannt sein, wie sich diese Entscheidung auf die Auslegung unseres Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes in Deutschland auswirkt.

 

© Thomas Dietsch