Für viele ist die Fußball-WM in Katar ein Symbol – für die negativen Entwicklungen der letzten Jahre. Noch nie war eine Weltmeisterschaft so unbeliebt wie diese. Von Vorfreude war wenig zu spüren – statt dessen gab es negative Schlagzeilen: Ausbeutung der Arbeiter auf den WM-Baustellen, Zensur, schlechte Menschenrechtslage, PR-Show. Dass es zur Vergabe der WM an Katar kommen konnte, hat sehr viel damit zu tun, wie sich der Fußball in den letzten 30 Jahren entwickelt hat. Sportswashing: Der Begriff setzt sich aus Sport und Whitewashing zusammen. Beim Sportswashing versucht ein Land, das eigene Ansehen und die Reputation durch die Veranstaltung von großen Sportevents zu verbessern (augsburger-allgemeine.de). Der Fokus soll auf den Sport gelenkt werden, um über Diskriminierung, geringe Menschen- und Frauenrechte und andere Missstände hinwegzutäuschen. Insbesondere arabische und asiatische Länder kaufen aus diesem Grund auch Sportvereine auf der ganzen Welt (a.a.O.). Es sind vor allem autokratische Staaten, wie zum Beispiel Russland und China – und auch der Golfstaat Katar – die Sportswashing betreiben. Letzterer ist nicht zuletzt aufgrund seiner riesigen Gas- und Erdöl besonders reich und dadurch auch besonders mächtig und einflussreich. In islamischen, autoritären Regimen herrschen jedoch
andere Rechte, die weit entfernt von den demokratischen Grundwerten sind, die wir in der westlichen Welt vorleben. So werden dort zum Beispiel Religionsfreiheit, Rechte von Homosexuellen oder Frauenrechte mit Füßen getreten. Entweder sind sie nur eingeschränkt oder einfach gar nicht vorhanden. Auch das Beispiel Alkohol: 48 Stunden vor dem WM-Auftakt setzte sich Gastgeber Katar doch noch durch: Rund um die Stadien wird kein Alkohol verkauft. Entgegen der Kritik und Sponsoreninteressen kippte das Emirat am Freitag die mit dem Weltverband Fifa vereinbarte Kompromisslösung, die den Verkauf zumindest im Umfeld der acht Arenen ermöglicht hätte. Es werde weiterhin ein „angenehmes, respektvolles und zufriedenstellendes“ Stadionerlebnis sichergestellt, teilte die Fifa mit. Biersponsor Budweiser schrieb bei Twitter am Mittag: „Also, das ist misslich“ – und löschte den Tweet wenig später
wieder (focus.de).
Die Behauptung, der Sport sei nicht politisch, ist vielfach widerlegt: Sportgroßveranstaltungen wie die Olympischen Spiele oder die jetzige Fußballweltmeisterschaft sorgen für Diskussionen, weil sie auf mitunter intransparente Weise in Länder vergeben wurden und werden, die demokratischen Anforderungen nicht genügen. Zugleich nutzen Spitzensportler/-innen zunehmend ihre mediale Reichweite, um politische Botschaften zu senden und auf Missstände hinzuweisen .In fortgeschrittenen Industriegesellschaften lassen sich verschiedene Systeme unterscheiden, so unter anderem das Politiksystem, das Wirtschaftssystem, das Bildungssystem, das Rechtssystem, das System der Wissenschaft, der Massenmedien, der Religion, der Kunst, der Architektur und eben auch des Sports. Das System des Sports weist dabei zu jedem anderen gesellschaftlichen System meist vielfältige Beziehungen auf. Der Zusammenhang zwischen Sport und Wirtschaft hat sich in den vergangenen Jahrzehnten äußerst intensiv entwickelt, so dass man bereits von einer Sportökonomie spricht (sport-nachgedacht.de). Wollen hoffen, dass neben Kommerz und Politik zukünftig noch etwas von dem antiken olympischen Gedanken bleibt. Dabei sein ist alles …