Die Gesellschaft wird immer oberflächlicher, behaupten viele. Doch was meinen diese Menschen eigentlich mit diesem Urteil? Was ist Oberflächlichkeit überhaupt?
Oberflächlichkeit: Auf welche Art und Weise äußert sie sich?
Wie bereits die Wortherkunft verrät, zentrieren sich oberflächliche Gespräche lediglich auf Äußerlichkeiten und gehen nicht in die Tiefe, sie trauen sich einfach nicht unter die Oberfläche der Dinge vorzudringen. Gleichzeitig erfolgt die thematische Behandlung einer Fragestellung nur kurz und wenig ausdauernd, die Mühe einer anstrengenden Analyse wird gescheut. Die Standpunkte und Argumente sind ausgewogen, wie die Schlagzeilen in der Zeitung mit vier großen Buchstaben. Und bei der Urteilsbildung über Mitmenschen sind Aussehen und Kleidung wesentliche Faktoren.
Oberflächlichkeit gehört zum Leben. Fairerweise muss man feststellen, dass Oberflächlichkeit zum Leben gehört und unserer Spezies erhebliche Vorteile bringt, nämlich Zeit- und Energieersparnis. Der Tag hat nur 24 Stunden, mehr können wir daraus nicht machen. Wir können nicht bei jedem Menschen unter die Oberfläche vordringen und bis zu seinem tiefsten Seelengrund tauchen.
Auch Events und Stehempfänge sind nicht unbedingt die passende Gelegenheit, um – auf Teufel komm raus – nachdenkliche Dialoge zu führen.
Was stört, ist ab Punkt X die ungesunde Schieflage der Gesprächskultur.
Zu viele Probleme zur gleichen Zeit hält keine Gesellschaft aus. Und da Probleme soziale Konstrukte und keine zufälligen Ereignisse sind, lässt sich die Zahl der in der öffentlichen Kommunikation zugelassenen Probleme gut kontrollieren. Man nutzt politische Leerformeln, soziologisch: Kontingenzformeln (Niklas Luhmann, wikipedia.org), mit denen alles oder nichts begründet werden kann.
Wenn für ein komplexes Problem eine einfache Lösung auf dem Tisch liegt, dann ist diese Lösung nicht richtig.
Der ständige Ruf nach Wertedebatte ist stets vielstimmig wie intellektuell oberflächlich und wenig reflektiert. Bei genauerem Hinsehen lassen sich drei Richtungen ausmachen, eine vage konservative, eine radikal marktliberale und eine dezidiert katholisch-konservative (deutschlandfunkkultur.de, 22.11.2010).
Die drei eint das Leiden an der Wirklichkeit, der Rasanz ihres Wandels und den Irritationen fortlaufender Modernisierungsprozesse. Sie suchen nach Halt, auch nach den Sicherheiten einer idealisierten Adenauer-Ära.
Damals kam selbst die CDU noch ohne Grundsatzprogramm aus, aber sie beherrschte die politische Agenda.
Heute ist das anders …