Im Moment lässt es sich leider noch nicht genau sagen, welchen Einfluss die Corona-Krise auf die Luftqualität und Klima langfristig haben wird. Dazu ist der Zeitraum noch zu kurz. Eine Reduzierung von Emissionen (durch weniger Verkehr und weniger Industrieprozesse) hat grundsätzlich immer einen positiven Effekt auf die Luftqualität und auf die Menge der Treibhausgase. Ob und wie groß dieser Einfluss ist, lässt sich jedoch erst seriös bewerten, wenn die Daten zu dessen Berechnung vollständig vorliegen.
Satellitendaten zeigten schon im April deutliche Rückgänge für z. B. China und Italien (Stickstoffdioxid) (umweltbundesamt.de, 03.04.2020). Es muss jedoch beachtet werden, dass diese Daten die Schadstoffmenge in der gesamten Luftsäule der Atmosphäre vom Weltall aus wiedergeben und es sich zudem nur eine Momentaufnahme (Zeitpunkt des Überflugs durch den Satelliten) handelt. Ein Rückschluss auf die gesundheitsrelevante Luftschadstoffbelastung in Bodennähe, also in unserer Atemluft, ist nicht möglich; dazu muss man die vor Ort gemessenen Werte heranziehen.
Am Boden: Erste Untersuchungen in einigen Bundesländern zeigten bereits folgende Ergebnisse: Im Zeitraum des Lockdowns ging der Straßenverkehr in den Städten um 30 bis 50 Prozent zurück. Die an verkehrsnahen Messstationen gemessenen NO2-Konzentrationen sanken im gleichen Zeitraum um 15 bis 40 Prozent. Mancherorts wurden die niedrigsten NO2-Konzentrationen (im Monatsmittel) seit Messbeginn festgestellt (umweltbundesamt.de, 24.06.2020).
Ein Blick auf die Daten zeigt: Die Luft ist derzeit besser als in Vorjahren.
Der Lockdown bedeutet aber nicht unbedingt eine Schonung der Umwelt in allen Bereichen. Weil die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung begrenzt sind, besuchen viele Bremer derzeit die Parks der Stadt. Seit Mitte März haben wir schlagartig erheblich mehr Besucher, auch an den Wochentagen.
Das führt zwar zu einem größeren Müllaufkommen, im Verhältnis zum Anstieg der Besucher hält es ich jedoch oft in Grenzen. Polizei und Ordnungsdienste müssen verstärkte Präsenz zeigen, sowie die Besucher soziale Kontrolle ausüben. Nur dadurch wird unerlaubtes Grillen sowie illegale Müllentsorgung vermieden.
Generell ist Verhalten stark kontextabhängig – nach der Pandemie ist zu erwarten, dass Verbraucher zu früherem Verhalten zurückgehen. Ausnahmen könnten beispielsweise Fernreisen sein, weil hier manche, vor allem Ältere, jetzt skeptisch sind. Möglich wäre auch, dass sich die Zunahme des Radverkehrs stabilisiert. Allerdings sind strukturelle Veränderungen entscheidend: Wenn die Kommunen reagieren mit sicheren Radwegen und Tempo 30 auf vielen Straßen, kann man so eine Verhaltensänderung wohl auch über den Sommer retten. Leider dauern solche strukturellen Änderungen meist viel zu lange.
Aufgeklärte Bürger akzeptieren durchaus auch unangenehme Einschränkungen – wenn sie für alle gelten, wenn sie zeitlich begrenzt sind und wenn sie gut begründet und erklärt werden. Die Dringlichkeit der Situation und das Vertrauen in die Anbieter der Nachricht sind hier essenziell.
Rostra.Magazin-Redaktion (veröffentlicht in: allgemein)