Warum eigentlich Toilettenpapier? Das fragt man sich in Anbetracht der Virus-Hamsterkäufe. Nudeln, Reis, Linsen, klar. Aber warum nicht Küchenrollen, Taschentücher oder Zahnpasta!? Zumal es an Wasser in den Badezimmern auch unter schlimmsten Quarantäne-Bedingungen nicht mangeln wird.

Was sagen die Toilettenpapierhamsterkäufe über die psychische Verfasstheit unserer Gesellschaft, über die der Deutschen? Muss man von einer analen Fixierung sprechen?

Man könnte mutmaßen, dass ganz Deutschland wegen einer Virus- Pandemie regrediert, dass das Land zurück auf das Entwicklungsniveau von Zwei- bis Dreijährigen möchte, also schnurstracks in die anale Phase. Vielleicht muss es das sogar, weil es inzwischen gar eine Zwangsstörung ausgebildet hat. Als ordnungsliebend, sparsam, penibel, starrsinnig und zwanghaft hat Freud (tagesspiegel.de) den analen Charakter beschrieben.

Was ist eine Krankheit? Die einfache Erklärung: Die Krankheit ist eine Tatsache. Sie ist das Wirklichste, was einem Menschen widerfahren kann. Die Krankheit, wie man so sagt, bringt ihn auf den Boden der Tatsachen zurück (zeit.de). Aus allen Bereichen der Politik, Ökonomie und Kultur auf den Körper. Zu seinem ohnmächtigen Zorn gegen die Natur oder gegen die Götter und vielleicht zu einer neuen Form der Demut. Die subjektive Antwort auf die unmoralische, unvernünftige und unästhetische Tatsache der Krankheit ist eine biografische und soziale Wahrheit. Die Wirklichkeit der Krankheit führt zu einer Wahrheit ihrer Subjekte. Es kommt, bei einer Person wie bei einer Gesellschaft, nicht allein auf die Krankheit an, sondern auch darauf, wie man mit ihr umgeht, wie man sie erträgt, wie man ihr begegnet, was sich durch sie verändert und was nicht.

Zweifellos ist der Umgang mit der Krankheit ein Reflex politisch-ökonomischer Grundeinstellungen. Zwischen “selbst schuld” und Unterstützung ist einiges möglich. Wenn wir nicht von Krieg oder Liebe erzählen, dann erzählen wir von Krankheit. Es ist das Dreieck dessen, was den Menschen immer noch unabdingbar an die Natur bindet: die Sexualität, die Aggressivität und die Krankheit.

Jede Krankheit hat eine mythische und vielleicht religiöse Transzendenz. Nicht nur, weil die Krankheit die Gegenwart des Todes im Leben ist, sondern auch, weil sie nach der Erklärung im Jenseitigen verlangt, die in der Welt der Tatsachen nicht zu haben ist. Krankheit muss Prüfung und Strafe sein, sonst ergibt sie keinen Sinn. Es wäre immer noch besser, die Götter hätten die Krankheit geschickt, als dass sie ihr gegenüber gleichgültig wären.

Das Eis der Zivilisation ist dünner, als wir im Alltag denken. Sobald etwas Ungewohntes, nicht sicher Einzuschätzendes passiert, bemerken wir, dass wir nicht wissen, wie lange es uns trägt. Überall herrscht Tauwetter. Wenn alle die Nudelregale stürmen, sichert man sich lieber auch seinen Anteil. Wenn alle mit Atemmasken rumlaufen, wird schon irgendwas dran sein. Entsprechend warnen Ökonomen bereits vor gefährlichem Herdenverhalten, das sich angesichts des schockierenden Anblicks leerer Regale immer weiter selbst befeuere.

Der Mitmensch wird in erster Linie als potenzieller Krankheitsträger wahrgenommen und nicht als jemand, den man theoretisch auch selber anstecken könnte. Abschottung verstößt gegen internationales Recht Doch nicht nur der Umgang von Menschen untereinander kann sich verändern. Epidemien könnten die Beziehungen zwischen Staaten verschlechtern.

Dabei gibt es ein ganz starkes Narrativ, das die Mitgliedsstaaten vereint: ein Erreger, der alle bedroht und den man gemeinsam eindämmen will und muss.

 

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